Brandenburger Hof: Unterschied zwischen den Versionen

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== Gebäude ==
 
== Gebäude ==
Der zweigeschossige Giebelbau stammt im Kern aus dem 17./18. Jahrhundert. Der heute verrohrte Stadtbach umfloss die ehemalige Mühle an der Ost- und Nordseite. An der östlichen Traufseite befand sich das Mühlwerk mit einem unterschlächtigen Mühlrad. Dort befindet sich jetzt der Saal der Gaststätte. Das Gebäude ist nicht unterkellert. Das Erdgeschoss ist massiv ausgeführt, der Giebel als Fachwerk, dessen Gefügeformen auf das späte 18. Jahrhundert hinweisen. Später wurde das Haus aber noch einmal umgestaltet, was zur Vereinfachung  des Fachwerks im Obergeschoss führte.<ref>KIESSLING, Gotthard: Denkmäler in Bayern, Stadt Weißenburg i. Bay.; München 2001, S. 161</ref> 1988/90 erfolgte eine Sanierung des gesamten Gebäudes und die Freilegung des Fachwerks. Die heutige Kegelbahn anstelle einer früheren aus dem 19. Jahrhundert wurde 1927 gebaut.
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Der zweigeschossige Giebelbau stammt im Kern aus dem 17./18. Jahrhundert. Der heute verrohrte [[Stadtbach]] umfloss die ehemalige Mühle an der Ost- und Nordseite. An der östlichen Traufseite befand sich das Mühlwerk mit einem unterschlächtigen Mühlrad. Dort befindet sich jetzt der Saal der Gaststätte. Das Gebäude ist nicht unterkellert. Das Erdgeschoss ist massiv ausgeführt, der Giebel als Fachwerk, dessen Gefügeformen auf das späte 18. Jahrhundert hinweisen. Später wurde das Haus aber noch einmal umgestaltet, was zur Vereinfachung  des Fachwerks im Obergeschoss führte.<ref>KIESSLING, Gotthard: Denkmäler in Bayern, Stadt Weißenburg i. Bay.; München 2001, S. 161</ref> 1988/90 erfolgte eine Sanierung des gesamten Gebäudes und die Freilegung des Fachwerks. Die heutige Kegelbahn anstelle einer früheren aus dem 19. Jahrhundert wurde 1927 gebaut.
  
 
== Geschichte ==
 
== Geschichte ==
Das Anwesen ist eines der ältesten außerhalb der Stadtmauern von Weißenburg und wird 1361 als ''neslins mül'' das erste Mal urkundlich erwähnt. Die Mühle bildete mit dem 1414 erstmals genannten Zehenthof des Klosters Wülzburg eine Einheit. In diesem Hof hatte man den zehnten Teil der landwirtschaftlichen Erträge abzuliefern. Deren Besitzer waren Untertanen und Schutzverwandte des Klosters Wülzburg. Nach der Reformation und damit der Auflösung des Klosters Wülzburg 1537 fiel dieses an den Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, was dem Anwesen später den Namen '''''Brandenburger Hof''''' einbrachte. Seine Besitzer waren dem „Hochfürstlich Brandenburgischen Stiftsamt Wülzburg“ mit Handlohn, Zins, Frondiensten, Gült (= Naturalabgaben) und Steuern untertan. 1632 sind während des 30-Jährigen Krieges „die Zehendmühle und der Zehendhof abgebrannt.“<ref>VOLTZ, Georg: Chronik der Stadt Weissenburg im Nordgau, Faksimile-Nachdruck der Ausgabe von 1835, S. 89</ref>. Sie wurden aber wieder aufgebaut. 1729 bewirtschaftete der Rotgerber Tob. Pflaumer die „''Neßleinsmühl''“. Aber erst ab 1820 taucht der Namen ''Brandenburger Hof'' auch in schriftlichen Quellen auf. Der Vorgängerbau der 1998 errichteten neuen Werkstatt der Schmiede Löw war offensichtlioch die alte Zehentscheune, an der sich die Jahreszahl 1717 befand.
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Das Anwesen ist eines der ältesten außerhalb der Stadtmauern von Weißenburg und wurde 1361 als ''neslins mül'' das erste Mal urkundlich erwähnt. Die Mühle bildete mit dem 1414 erstmals genannten Zehenthof des Klosters Wülzburg eine Einheit. In diesem Hof hatte man den zehnten Teil der landwirtschaftlichen Erträge abzuliefern. Deren Besitzer waren Untertanen und Schutzverwandte des Klosters [[Wülzburg]]. Nach der Reformation und damit der Auflösung des Klosters Wülzburg 1537 fiel dieses an den Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, was dem Anwesen später den Namen '''''Brandenburger Hof''''' einbrachte. Seine Besitzer waren dem „Hochfürstlich Brandenburgischen Stiftsamt Wülzburg“ mit Handlohn, Zins, Frondiensten, Gült (= Naturalabgaben) und Steuern untertan. 1632 sind während des 30-Jährigen Krieges „die Zehendmühle und der Zehendhof abgebrannt.“<ref>VOLTZ, Georg: Chronik der Stadt Weissenburg im Nordgau, Faksimile-Nachdruck der Ausgabe von 1835, S. 89</ref>. Sie wurden aber wieder aufgebaut. 1729 bewirtschaftete der Rotgerber Tob. Pflaumer die „''Neßleinsmühl''“. Erst ab 1820 taucht der Namen ''Brandenburger Hof'' auch in schriftlichen Quellen auf. Der Vorgängerbau der 1998 errichteten neuen Werkstatt der Schmiede Löw war offensichtlich die alte Zehentscheune, an der sich die Jahreszahl 1717 befand.
  
 
Der Hof und die dazugehörige Neßleinsmühle (auch Neslesmühle, benannt nach einem ehem. Besitzer Neslin oder Neslein) waren wegen der unterschiedlichen Gerichtsbarkeit Anlass für häufige Streitereien zwischen der Stadt und der Wülzburg:
 
Der Hof und die dazugehörige Neßleinsmühle (auch Neslesmühle, benannt nach einem ehem. Besitzer Neslin oder Neslein) waren wegen der unterschiedlichen Gerichtsbarkeit Anlass für häufige Streitereien zwischen der Stadt und der Wülzburg:
  
Um 1700 beschweren sich die Weißenburger Bierbrauer, dass auf den umliegenden Mühlen, und damit auch im Brandenburger Hof, so viel gezecht würde. Das Bier kam aus Niederhofen, und das bedeutete natürlich einen Nachteil für die Brauer innerhalb der Weißenburger Stadtmauern.
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Um 1700 beschweren sich die Weißenburger Bierbrauer, dass auf den umliegenden Mühlen, und damit auch im Brandenburger Hof, so viel gezecht würde. Das Bier kam aus [[Niederhofen]]. Das bedeutete einen Nachteil für die Brauer innerhalb der Weißenburger Stadtmauern.
  
 
1732 hatten der Zehentmüller und der Zehentbauer (heute Hausnr. 22/24) eine Wässerung ihrer Gärten mit dem Stadtbach errichtet. Dieses Wasser fehlte dann in der Bachgasse, wohin der Stadtbach floss. Daraufhin beschloss der Stadtrat, die Bewässerungsanlagen zu zerstören.
 
1732 hatten der Zehentmüller und der Zehentbauer (heute Hausnr. 22/24) eine Wässerung ihrer Gärten mit dem Stadtbach errichtet. Dieses Wasser fehlte dann in der Bachgasse, wohin der Stadtbach floss. Daraufhin beschloss der Stadtrat, die Bewässerungsanlagen zu zerstören.
  
Neben den Auseinandersetzungen um den Bier- und Weinausschank gab es auch Ärger, weil der Neßleinsmüller auch Brot auf den Wochenmärkten von Weißenburg verkaufte, was die Weißenburger Bäcker nicht hinnehmen wollten.
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Neben den Auseinandersetzungen um den Bier- und Weinausschank gab es Ärger, weil der Neßleinsmüller Brot auf den Wochenmärkten von Weißenburg verkaufte, was die Weißenburger Bäcker nicht hinnehmen wollten.
  
1752 klagte der damalige Mühlenbesitzer Georg Drießlein bei der Stadt, weil der Stadtknecht Grimmberger sich erfrechte, in die Stube zu kommen, die Gäste zum Weggehen zu veranlassen und den Bierausschank zu untersagen. Noch schlimmer jedoch trieb es im selben Jahr ein Weißenburger Wachtmeister, der mit zwei Stadtknechten und Bürgern in den daneben liegenden Keller der Gastwirtschaft eindrang und den Fässern den Boden ausschlug.
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1752 klagte der damalige Mühlenbesitzer Georg Drießlein bei der Stadt, weil der Stadtknecht Grimmberger sich erfrechte, in die Stube zu kommen, die Gäste zum Weggehen zu veranlassen und den Bierausschank zu untersagen. Noch schlimmer trieb es im selben Jahr ein Weißenburger Wachtmeister, der mit zwei Stadtknechten und Bürgern in den daneben liegenden Keller der Gastwirtschaft eindrang und den Fässern den Boden ausschlug.
  
 
Der Brandenburger Hof unterstand der Wülzburgischen Gerichtsbarkeit. Untaten innerhalb der Gastwirtschaft wurden also nach markgräflichem Recht geahndet. Verlagerten sich die Händel und Straftaten aber vom Wirtshausinneren nach draußen, galt Weißenburger Recht, denn dort begann schon auf der Niederhofener Straße das Weißenburger Territorium. Anschließende Streitereien vor den Gerichten waren damit vorprogrammiert.
 
Der Brandenburger Hof unterstand der Wülzburgischen Gerichtsbarkeit. Untaten innerhalb der Gastwirtschaft wurden also nach markgräflichem Recht geahndet. Verlagerten sich die Händel und Straftaten aber vom Wirtshausinneren nach draußen, galt Weißenburger Recht, denn dort begann schon auf der Niederhofener Straße das Weißenburger Territorium. Anschließende Streitereien vor den Gerichten waren damit vorprogrammiert.
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[[Kategorie:Gebäude in Weißenburg]]
 
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[[Kategorie:Gastronomie]]
 
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Aktuelle Version vom 9. März 2015, 23:26 Uhr

Der Brandenburger Hof in der Niederhofener Straße

Der Brandenburger Hof ist ein Hotel und eine Gaststätte mit Saal und Biergarten in Weißenburg in der Niederhofener Straße 18. Das Haus ist Teil des historischen Ensembles Zehenthof.

Gebäude

Der zweigeschossige Giebelbau stammt im Kern aus dem 17./18. Jahrhundert. Der heute verrohrte Stadtbach umfloss die ehemalige Mühle an der Ost- und Nordseite. An der östlichen Traufseite befand sich das Mühlwerk mit einem unterschlächtigen Mühlrad. Dort befindet sich jetzt der Saal der Gaststätte. Das Gebäude ist nicht unterkellert. Das Erdgeschoss ist massiv ausgeführt, der Giebel als Fachwerk, dessen Gefügeformen auf das späte 18. Jahrhundert hinweisen. Später wurde das Haus aber noch einmal umgestaltet, was zur Vereinfachung des Fachwerks im Obergeschoss führte.[1] 1988/90 erfolgte eine Sanierung des gesamten Gebäudes und die Freilegung des Fachwerks. Die heutige Kegelbahn anstelle einer früheren aus dem 19. Jahrhundert wurde 1927 gebaut.

Geschichte

Das Anwesen ist eines der ältesten außerhalb der Stadtmauern von Weißenburg und wurde 1361 als neslins mül das erste Mal urkundlich erwähnt. Die Mühle bildete mit dem 1414 erstmals genannten Zehenthof des Klosters Wülzburg eine Einheit. In diesem Hof hatte man den zehnten Teil der landwirtschaftlichen Erträge abzuliefern. Deren Besitzer waren Untertanen und Schutzverwandte des Klosters Wülzburg. Nach der Reformation und damit der Auflösung des Klosters Wülzburg 1537 fiel dieses an den Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, was dem Anwesen später den Namen Brandenburger Hof einbrachte. Seine Besitzer waren dem „Hochfürstlich Brandenburgischen Stiftsamt Wülzburg“ mit Handlohn, Zins, Frondiensten, Gült (= Naturalabgaben) und Steuern untertan. 1632 sind während des 30-Jährigen Krieges „die Zehendmühle und der Zehendhof abgebrannt.“[2]. Sie wurden aber wieder aufgebaut. 1729 bewirtschaftete der Rotgerber Tob. Pflaumer die „Neßleinsmühl“. Erst ab 1820 taucht der Namen Brandenburger Hof auch in schriftlichen Quellen auf. Der Vorgängerbau der 1998 errichteten neuen Werkstatt der Schmiede Löw war offensichtlich die alte Zehentscheune, an der sich die Jahreszahl 1717 befand.

Der Hof und die dazugehörige Neßleinsmühle (auch Neslesmühle, benannt nach einem ehem. Besitzer Neslin oder Neslein) waren wegen der unterschiedlichen Gerichtsbarkeit Anlass für häufige Streitereien zwischen der Stadt und der Wülzburg:

Um 1700 beschweren sich die Weißenburger Bierbrauer, dass auf den umliegenden Mühlen, und damit auch im Brandenburger Hof, so viel gezecht würde. Das Bier kam aus Niederhofen. Das bedeutete einen Nachteil für die Brauer innerhalb der Weißenburger Stadtmauern.

1732 hatten der Zehentmüller und der Zehentbauer (heute Hausnr. 22/24) eine Wässerung ihrer Gärten mit dem Stadtbach errichtet. Dieses Wasser fehlte dann in der Bachgasse, wohin der Stadtbach floss. Daraufhin beschloss der Stadtrat, die Bewässerungsanlagen zu zerstören.

Neben den Auseinandersetzungen um den Bier- und Weinausschank gab es Ärger, weil der Neßleinsmüller Brot auf den Wochenmärkten von Weißenburg verkaufte, was die Weißenburger Bäcker nicht hinnehmen wollten.

1752 klagte der damalige Mühlenbesitzer Georg Drießlein bei der Stadt, weil der Stadtknecht Grimmberger sich erfrechte, in die Stube zu kommen, die Gäste zum Weggehen zu veranlassen und den Bierausschank zu untersagen. Noch schlimmer trieb es im selben Jahr ein Weißenburger Wachtmeister, der mit zwei Stadtknechten und Bürgern in den daneben liegenden Keller der Gastwirtschaft eindrang und den Fässern den Boden ausschlug.

Der Brandenburger Hof unterstand der Wülzburgischen Gerichtsbarkeit. Untaten innerhalb der Gastwirtschaft wurden also nach markgräflichem Recht geahndet. Verlagerten sich die Händel und Straftaten aber vom Wirtshausinneren nach draußen, galt Weißenburger Recht, denn dort begann schon auf der Niederhofener Straße das Weißenburger Territorium. Anschließende Streitereien vor den Gerichten waren damit vorprogrammiert.

Als 1741 das Stiftsamt Wülzburg auf seinem Gebiet einen neuen Zehenthof errichten wollte, klagte die Stadt Weißenburg sogar vor dem Reichsgericht. Erst als 1806 sowohl die Wülzburg als auch die Stadt Weißenburg zum Königreich Bayern kamen, hörten die Streitigkeiten auf. Bis dahin aber waren die Besitzer des Brandenburger Hofes und der benachbarten zwei Höfe in den Augen der Stadt rechtlich „Ausland“.

Quellen

  • BEIER, Ulf: Von der Höll-zur Paradeisgasse, Straßen- und Wohnstättennamen in Weißenburg, Weißenburg, 2. Auflage 2000, S. 29: Am Zehenthof
  • SCHMUCK, Julius: Von der Zehent- oder Neßleinsmühle zum Brandenburger Hof, in: Weißenburger Heimatblätter 1952, Nr. 4, S. 15
  • STRASSNER, Erich: Historisches Ortsnamenbuch von Bayern, Mittelfranken, Band 2: Stadt und Landkreis Weißenburg i. Bay., München 1966, S. 81

Fußnoten

  1. KIESSLING, Gotthard: Denkmäler in Bayern, Stadt Weißenburg i. Bay.; München 2001, S. 161
  2. VOLTZ, Georg: Chronik der Stadt Weissenburg im Nordgau, Faksimile-Nachdruck der Ausgabe von 1835, S. 89