Weißenburger Pogromprozess von 1946: Unterschied zwischen den Versionen

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== Der Prozess ==
 
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Nach dem Zweiten Weltkrieg fand von April bis Mai 1945 in Weißenburg der bis dahin größte Pogromprozess in der us-amerikanischen Besatzungszone statt, wegen des Pogroms gegen die jüdische Bevölkerung in  [[Reichspogromnacht in Treuchtlingen | Treuchtlingen]] in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 (sogenannte "Reichskristallnacht").<ref>Berichte der Nürnberger Nachrichten vom 6. April, 10. April, 24. April 1946. Über die Verurteilung berichten die Nürnberger Nachrichten am 11. Mai 1945. Zitiert nach Thomas Wägemann: Schlagzeilen aus Weißenburg 1945-1949. In: Villa Nostra 1/2003, S.12ff.</ref>.
 
Nach dem Zweiten Weltkrieg fand von April bis Mai 1945 in Weißenburg der bis dahin größte Pogromprozess in der us-amerikanischen Besatzungszone statt, wegen des Pogroms gegen die jüdische Bevölkerung in  [[Reichspogromnacht in Treuchtlingen | Treuchtlingen]] in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 (sogenannte "Reichskristallnacht").<ref>Berichte der Nürnberger Nachrichten vom 6. April, 10. April, 24. April 1946. Über die Verurteilung berichten die Nürnberger Nachrichten am 11. Mai 1945. Zitiert nach Thomas Wägemann: Schlagzeilen aus Weißenburg 1945-1949. In: Villa Nostra 1/2003, S.12ff.</ref>.
Bermerkenswert ist, die Beteiligung von Frauen und Kindern am Pogrom. So wurden im Weißenburger Pogromprozess auch acht Frauen angeklagt. Das Gericht stellte fest, daß sie nicht nur als "Scharfmacherinnen" auftraten. Vielmehr schlugen sie selbst Fensterscheiben ein, schlitzten Polstermöbel auf und trugen Benzin in die [[Synagoge Treuchtlingen |Treuchtlinger Synagoge]]. <ref>"Im fränkischen Treuchtlingen wurden 1946/47 acht Frauen wegen Landfriedensbruchs während der Pogromnacht angeklagt. Das Gericht stellte fest, daß sie nicht nur als "Scharfmacherinnen" auftraten. Vielmehr schlugen sie selbst Fensterscheiben ein, schlitzten Polstermöbel auf und trugen Benzin in die Synagoge.Besonders bemerkenswert ist der Fall Leni K., die bei einem jüdischen Geschäft verschuldet war. Sie drang mit einer Menschenmenge in die Räume ihres Gläubigers ein und versuchte, die Kassenbücher an sich zu bringen. Auch Kinder und Jugendliche nahmen an den Ausschreitungen teil.", zitiert nach Johann Althausr: ''[http://www.welt.de/print-welt/article628012/Kollektive_Barbarei.html "Kollektive Barbarei" - Nicht nur SA bereitete das Pogrom vom 9. November 1938''] in: "Die Welt", vom 10.11.1998</ref>
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Bermerkenswert ist, die Beteiligung von Frauen und Kindern am Pogrom. So wurden im Weißenburger Pogromprozess auch acht Frauen angeklagt. Das Gericht stellte fest, daß sie nicht nur als "Scharfmacherinnen" auftraten. Vielmehr schlugen sie selbst Fensterscheiben ein, schlitzten Polstermöbel auf und trugen Benzin in die [[Synagoge Treuchtlingen |Treuchtlinger Synagoge]]. <ref>"Im fränkischen Treuchtlingen wurden 1946/47 acht Frauen wegen Landfriedensbruchs während der Pogromnacht angeklagt. Das Gericht stellte fest, daß sie nicht nur als "Scharfmacherinnen" auftraten. Vielmehr schlugen sie selbst Fensterscheiben ein, schlitzten Polstermöbel auf und trugen Benzin in die Synagoge.Besonders bemerkenswert ist der Fall Leni K., die bei einem jüdischen Geschäft verschuldet war. Sie drang mit einer Menschenmenge in die Räume ihres Gläubigers ein und versuchte, die Kassenbücher an sich zu bringen. Auch Kinder und Jugendliche nahmen an den Ausschreitungen teil.", zitiert nach Johann Althausr: ''[http://www.welt.de/print-welt/article628012/Kollektive_Barbarei.html "Kollektive Barbarei" - Nicht nur SA bereitete das Pogrom vom 9. November 1938''] in: "Die Welt", vom 10.11.1998</ref> <ref>Wolfgang Benz: Geschichte des Dritten Reiches, München, 2000, S.143: "Nora A veranlaßte die SA zur Rückkehr in ein bereits verwüstetes jüdisches Anwesen und forderte zu weiterer Zerstörung auf mit dem Ruf "Bei Gutmann langts noch nicht, was alles zusammengeschlagen ist". In einem anderen Haus schlitzte sie Betten und Polstermöbel auf, bei der Brandstiftung der Synagoge trug sie Bezin zu, im Schaufenster eines jüdischen Geschäftes zertrampelte sie Waren."  [http://books.google.de/books?id=e9L_kz8-bn0C&pg=PA142&lpg zit. nach dem digitaler Auszug bei Google Books]</ref>
  
 
== Verurteilungen ==
 
== Verurteilungen ==

Version vom 26. November 2011, 17:32 Uhr

Nach dem Zweiten Weltkrieg fand von April bis Mai 1945 in Weißenburg der bis dahin größte Pogromprozess in der us-amerikanischen Besatzungszone statt. Verhandlungsgegenstand war der Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung in Treuchtlingen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 (sogenannte "Reichskristallnacht")

Der Prozess

Nach dem Zweiten Weltkrieg fand von April bis Mai 1945 in Weißenburg der bis dahin größte Pogromprozess in der us-amerikanischen Besatzungszone statt, wegen des Pogroms gegen die jüdische Bevölkerung in Treuchtlingen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 (sogenannte "Reichskristallnacht").[1]. Bermerkenswert ist, die Beteiligung von Frauen und Kindern am Pogrom. So wurden im Weißenburger Pogromprozess auch acht Frauen angeklagt. Das Gericht stellte fest, daß sie nicht nur als "Scharfmacherinnen" auftraten. Vielmehr schlugen sie selbst Fensterscheiben ein, schlitzten Polstermöbel auf und trugen Benzin in die Treuchtlinger Synagoge. [2] [3]

Verurteilungen

In diesem Prozess wurde der ehemalige Kreisleiter und Bürgermeister von Weißenburg Michael Gerstner als einer der Hauptverantwortlichen zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Gerstner hatte sich zuvor darauf berufen von Pogrom "nichts gewußt" zu haben [4]. Der ehemalige Standartenführer der SA, Georg Sauber, und der vormalige SS-Obersturmbannführer Wilhelm Dorner, gaben hingegen als Prozesszeugen an, dass Gerstner sowohl den Einsatz beim Judenpogrom in Treuchtlingen als auch in Ellingen koordiniert hatte.

Es wurden folgende Haftstrafen ausgesprochen:

  • Michael Gerstner, Kreisleiter der NSDAP und Bürgermeister von Weißenburg (vier Jahre Zuchthaus)
  • Andreas Günter, erster Bürgermeister von Treuchtlingen (drei Jahre Zuchthaus)
  • Heinrich Raab, Treuchtlingen (vier Jahre, drei Monate)
  • Ludwig Gruber, Treuchtlingen (zwei Jahre Zuchthaus)
  • Karl Drießlein, Treuchtlingen (zwei Jahre Gefängnis)
  • Ottilie Herrmann, Treuchtlingen (zwei Jahre, zweiu Monate Gefängnis)
  • Nora Apitz, Treuchtlingen (eineinhalb Jahre Gefängnis)
  • Alois Nürnberger, Treuchtlingen (drei Jahre Gefängnis)
  • Georg Wagner, Treuchtlingen (ein Jahr, zwei Monate Gefängnis)
  • Weitere Angeklagte erhielten Gefängnisstrafen bis zu einem Jahr
  • Elf Angeklagte wurden freigelassen.

Fußnoten

  1. Berichte der Nürnberger Nachrichten vom 6. April, 10. April, 24. April 1946. Über die Verurteilung berichten die Nürnberger Nachrichten am 11. Mai 1945. Zitiert nach Thomas Wägemann: Schlagzeilen aus Weißenburg 1945-1949. In: Villa Nostra 1/2003, S.12ff.
  2. "Im fränkischen Treuchtlingen wurden 1946/47 acht Frauen wegen Landfriedensbruchs während der Pogromnacht angeklagt. Das Gericht stellte fest, daß sie nicht nur als "Scharfmacherinnen" auftraten. Vielmehr schlugen sie selbst Fensterscheiben ein, schlitzten Polstermöbel auf und trugen Benzin in die Synagoge.Besonders bemerkenswert ist der Fall Leni K., die bei einem jüdischen Geschäft verschuldet war. Sie drang mit einer Menschenmenge in die Räume ihres Gläubigers ein und versuchte, die Kassenbücher an sich zu bringen. Auch Kinder und Jugendliche nahmen an den Ausschreitungen teil.", zitiert nach Johann Althausr: "Kollektive Barbarei" - Nicht nur SA bereitete das Pogrom vom 9. November 1938 in: "Die Welt", vom 10.11.1998
  3. Wolfgang Benz: Geschichte des Dritten Reiches, München, 2000, S.143: "Nora A veranlaßte die SA zur Rückkehr in ein bereits verwüstetes jüdisches Anwesen und forderte zu weiterer Zerstörung auf mit dem Ruf "Bei Gutmann langts noch nicht, was alles zusammengeschlagen ist". In einem anderen Haus schlitzte sie Betten und Polstermöbel auf, bei der Brandstiftung der Synagoge trug sie Bezin zu, im Schaufenster eines jüdischen Geschäftes zertrampelte sie Waren." zit. nach dem digitaler Auszug bei Google Books

Weblinks