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Es gelang Weißenburg kaum, außerhalb der Stadt Lände­reien, nennenswerte Territorien, zu erwerben. Lediglich Suffersheim (ab 1456) und später auch Heuberg gehörten eine Zeitlang zur Stadt. Es gab wohl in 30 Dörfern Streubesitz mit einzelnen Gasthäusern, in denen man auch die Schankge­rechtigkeit hatte, aber sonst war es eher umgedreht: Fremde Herren hatten bis unmittelbar vor der Stadt Rechte. Der Name Brandenburger Hof in der Nieder­hofener Straße hat folgende Geschichte: Hier stand ursprünglich ein wülzburgischer Zehenthof, an den Weißenburger Stadtbauern, die der Wülzburg unterstanden, den großen Zehent abgeben mussten. Der Besitzer dieser ehemali­gen Mühle mit Zehenthof unterstand aber natürlich der wülzburgischen und ab 1525 der brandenburgisch-ansbachischen Gerichtsbarkeit. Später wurde hier auch noch Bier ausgeschenkt; d. h. der Stadt entging nicht nur die Getränkesteuer, wenn die Weißenburger hier ihren Durst löschten, sondern auch bei Wirtshaus­schlägereien wurde wülzburgisches und später markgräfliches Recht angewandt – zumindest, solange man in der Gaststube stritt, zog sich der Streit aber auf die Straße hinaus, so wurde weißenburgisches Recht geltend gemacht – der Ärger war vorprogrammiert. Denn in Weißenburg konnte man sich auf das königliche Privileg von 1296 durch Adolf von Nassau berufen, wonach kein Wei­ßenburger Bürger weder in Straf- noch in Zivilsachen dem Richter der Stadt entzogen werden durfte.<ref>VOLTZ, s. o., S. 54</ref>
Es gelang Weißenburg kaum, außerhalb der Stadt Lände­reien, nennenswerte Territorien, zu erwerben. Lediglich Suffersheim (ab 1456) und später auch Heuberg gehörten eine Zeitlang zur Stadt. Es gab wohl in 30 Dörfern Streubesitz mit einzelnen Gasthäusern, in denen man auch die Schankge­rechtigkeit hatte, aber sonst war es eher umgedreht: Fremde Herren hatten bis unmittelbar vor der Stadt Rechte. Der Name Brandenburger Hof in der Nieder­hofener Straße hat folgende Geschichte: Hier stand ursprünglich ein wülzburgischer Zehenthof, an den Weißenburger Stadtbauern, die der Wülzburg unterstanden, den großen Zehent abgeben mussten. Der Besitzer dieser ehemali­gen Mühle mit Zehenthof unterstand aber natürlich der wülzburgischen und ab 1525 der brandenburgisch-ansbachischen Gerichtsbarkeit. Später wurde hier auch noch Bier ausgeschenkt; d. h. der Stadt entging nicht nur die Getränkesteuer, wenn die Weißenburger hier ihren Durst löschten, sondern auch bei Wirtshaus­schlägereien wurde wülzburgisches und später markgräfliches Recht angewandt – zumindest, solange man in der Gaststube stritt, zog sich der Streit aber auf die Straße hinaus, so wurde weißenburgisches Recht geltend gemacht – der Ärger war vorprogrammiert. Denn in Weißenburg konnte man sich auf das königliche Privileg von 1296 durch Adolf von Nassau berufen, wonach kein Wei­ßenburger Bürger weder in Straf- noch in Zivilsachen dem Richter der Stadt entzogen werden durfte.<ref>VOLTZ, s. o., S. 54</ref>


10.
 


Dia: Geleitsäule
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Mittelalterli­che Gerichtsbarkeit konnte aber auch anders aussehen:
Mittelalterli­che Gerichtsbarkeit konnte aber auch anders aussehen:


Dia: Schwedenkreuz bei Kattenhochstatt
[[Datei:CIMG0549.JPG|miniatur| Das sog. Schwedenkreuz bei Kattenhochstatt]]


Das sog. '''Schwedenkreuz''' bei Kattenhochstatt ist nämlich älter als der 30-jährige Krieg und ist wahrscheinlich ein Sühnekreuz aus der Zeit um 1500 und ein Sinn­bild mittelalterlicher Rechtssprechung. Eine Bluttat, die im Zorn oder unüberlegt begangen wurde, wurde nicht als Mord, sondern als Totschlag gewertet und konnte bis ins 16. Jahrhundert durch Sühne, Buße „wiedergutgemacht" werden. Der Täter hatte zunächst am offenen Grab Abbitte zu leisten, die Begräbnis­kosten und den Leichenschmaus zu zahlen, den unversorgten Hinterbliebenen ggf. eine Rente zu zahlen, hatte z. B. das Gasthaus zu verlassen, wenn einer der Angehörigen des Getöteten die Wirtsstube betrat, oder er hatte überhaupt das Bleiberecht im Ort verwirkt, aber er blieb am Leben. Als sichtbares Zeichen sei­ner Reue hatte er meist ein solches Sühnekreuz zu errichten. Es sollte an den Verstorbenen erin­nern, der ohne Sterbesakramente – wir sind ja noch vor der Reformation – ver­starb. Der Vorbeikommende war aufgefordert, durch Gebetesprechen zu helfen, dass dem Toten so das Seelenheil erleichtert werden sollte.
Das sog. '''Schwedenkreuz''' bei Kattenhochstatt ist nämlich älter als der 30-jährige Krieg und ist wahrscheinlich ein Sühnekreuz aus der Zeit um 1500 und ein Sinn­bild mittelalterlicher Rechtssprechung. Eine Bluttat, die im Zorn oder unüberlegt begangen wurde, wurde nicht als Mord, sondern als Totschlag gewertet und konnte bis ins 16. Jahrhundert durch Sühne, Buße „wiedergutgemacht" werden. Der Täter hatte zunächst am offenen Grab Abbitte zu leisten, die Begräbnis­kosten und den Leichenschmaus zu zahlen, den unversorgten Hinterbliebenen ggf. eine Rente zu zahlen, hatte z. B. das Gasthaus zu verlassen, wenn einer der Angehörigen des Getöteten die Wirtsstube betrat, oder er hatte überhaupt das Bleiberecht im Ort verwirkt, aber er blieb am Leben. Als sichtbares Zeichen sei­ner Reue hatte er meist ein solches Sühnekreuz zu errichten. Es sollte an den Verstorbenen erin­nern, der ohne Sterbesakramente – wir sind ja noch vor der Reformation – ver­starb. Der Vorbeikommende war aufgefordert, durch Gebetesprechen zu helfen, dass dem Toten so das Seelenheil erleichtert werden sollte.

Version vom 13. November 2013, 16:45 Uhr

über mich

Jahrgang 1941, in Weißenburg seit 1971; verheiratet, zwei Söhne, vier Enkel

im Ruhestand, vorher Studienrat an der Realschule Weißenburg

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bereits bearbeitete Themen

Altmühl, Brombachsee, Igelsbachsee, Hahnenkammsee, Schwäbische Rezat, J.Lidl, Fr. Liebl, Dr. Otto "Leo", E.Model, Ergänzung Dettenheim u. R. Nebel, Friedrich-Ebert-Str., J.Schieder, G.Demel, Anlauter, 5 Artikel v.H. Spitschka, Rennweg, SL WUG, Wohnstättennamen, Wülzbg.-Gedenkst., Heimatbücherverz., Bahnhofstr., Karl IV., Landschaftsbild, 4 Artikel Mundart (Mertens), 3 Artikel über die Schambach, HNavratil, StHedwigMB, Erzgeb.stub.GUN, OBSchwirzer, Hist.Stammtisch, Exulantennamen (40), WUG-SEB, OStiepak, RainMesserer, Papp.Ehrenbg., Ergänzg. Wßbg.Bgm., 5 Zeitzeugenberichte (50), AlBinkert, JohMertens, TreuchtlMöhrenb., EBW, StrN m. Bez. zu Vertreibg., Schulzentrum, Stichvillapark, E.-Schulhoff-Str., Einwohnerzahlen aktualisiert ab 1960, Patensch. (60), 2x RSWUG, AHochmuth, MWenz, RJoppien, Wßbg. FlN 1-3, JZörkler

Flurnamen und Rechtsbräuche

Es gab es bis ins 19. Jahrhundert einen deutlichen Unterschied zwischen dem privilegierten Adel und dem kleinen Mann. So hatte z. B. der Adel das Recht der Großwildjagd (v. a. Rehe, Hirsche). Den Bauern blieb nur das Jagen auf das Niederwild, also Hasen, Füchse, Vögel udgl. So erklären sich die Namen Bannwald und Vogelherd. Aber die Bauern hatten durchaus Frondienste für die Herrschaft auszuführen und konnten z. B. zu Holzarbeiten herangezogen werden.


Das Bannholz (mundartlich bûhulz, im Westen von Oberhochstatt) war ursprünglich wülzburgischer Wald, später markgräflicher, dann fürstlich Wredescher Besitz. Die Obrigkeit hatte da den Wildbann, das Jagdrecht, und andere Rechte, weshalb er für die Bauern gebannt war. Davor liegen die Bannholzäcker.


Der Flurname Vogelherd taucht sowohl in Weißenburg an der ehemaligen Gemarkungsgrenze zum Laubental hin auf und in Oberhochstatt. Als Vogelherd bezeichnete man einen Erdaufwurf an erhöhter Stelle im Gelände, etwa einen halben bis einen Meter hoch und einen Meter breit. Er schaute also aus wie ein Küchenherd. In ihn steckte man Leimruten mit Ködern. Versuchte ein Vogel diesen Köder zu holen, blieb er auf der Leimrute kleben. Er war ihm auf den Leim gegangen. Solche Vogelherde sind uns aus Oberhochstatt und Weißenburg überliefert. Der Jagdvertrag von 1544 zwischen Eichstätt, Pappenheim und Weißenburg gestattete selbst den Bürgern die niedere Jagd nicht, erlaubte aber „ Das klein Weydwerk mit der Vogelweyd zu treiben auf ihren Gehülzen alß da sind Reb- und Haselhühner, dergleichen klein und groß Vögel auf den Vogelherden mit Leimstangen, Böglein, Klebruten… oder anderem Zeug zu jagen. Dabei dürfen keine Büchsen oder andere Geschoß auf den Wald getragen werden.“ [1]Dieser Vertrag war bis 1849 gültig.


Neben diesen kleinen Rechtsverhältnissen gab es natürlich auch die Gerichtsbarkeit.

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Gerichtsbarkeit bedeutet, dass man berechtigt ist, selbst Recht zu sprechen und dieses ggf. auch auszuführen, also zu bestrafen.

Kennzeichen einer Reichsstadt war es unter anderem, die Gerichtsbarkeit zu be­sitzen. Dabei unterscheidet man zwischen der niederen und hohen Gerichtsbar­keit.


Weißenburg ist spätestens ab der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine "civitas", also auch im rechtlichen Sinne eine Stadt mit eigenem Siegel. An der Spitze dieser Bür­gerschaft steht ein vom König eingesetzter Amtmann. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte gelang es den Bürgern, immer mehr Rechte und Aufga­ben des Amt­manns an sich zu ziehen. 1318 gewannen die Weißenburger das Zu­stimmungsrecht bei der Besetzung des Amtmannpostens eingeräumt, 1355 redu­zierte sich bereits die königliche Mitsprache auf die reine Bestätigung seines Beamten , der von den Bürgern bestimmt war. 1362 musste der Amtmann der Stadt einen Treueeid leisten, dass er ihre alten Freiheiten unangetastet lasse. [2]

In der Folgezeit waren es Mitglieder des umliegen­den Adels (z. B. Salacher, Treuchtlinger, Schenken von Geyern, Pappenheimer usw.)"[3]. Mit diesem Amt war aber auch die Schutzherrschaft über Dörfer am Ruppmannsberg verbunden (z. B. Reuth am Wald, Wengen, Biburg usw.). Nach dem Aussterben der Hirschberger als Amtmänner fiel die Reichspflege zurück ans Reich.

Der Kaiser verlieh ihre Ver­waltung an Adelige, meist Ritter der Umgebung, die dann ihren Sitz im Blauen Haus nahmen in der Rosenstraße, wie noch der Stadtchronist Otto Rieder meint. Ab dem 14. Jahrhundert hieß der Amt­mann Reichspfleger und übte bis Anfang des 15. Jahrhunderts auch die Vogtei über das Benediktinerkloster Wülzburg aus.

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Abgehackte Hand am Blauen Haus in Weißenburg mit der Beschriftung: Kayserliche Freyheith 1766

Aufgabe des Amtmanns war u. a. die Rechtssprechung. Er übte den königlichen Blutbann aus. Der Reichspfleger war also zuständig für alle Kriminal- und Zivilfälle im Stadtbereich.

Er führte im Stadtgericht den Vorsitz, während die Schöffen Ratsmitglieder waren.

Trotz der wiederholten Verpfändungen der Stadt behielt Weißenburg seine Stel­lung als Reichsstadt und erwarb als königliches Privileg 1318 das Recht, nur einen Reichspfleger anzuerkennen, der den Bürgern der Stadt genehm sei.

Der Reichs­pfleger oder Reichsvogt, wie er auch genannt wurde, war also nur dem Kaiser untertan. Seine Urteile konnten deshalb auch nur vom Kaiser aufgehoben wer­den. Auch wenn das Steinrelief mit der abgehackten Hand am Blauen Haus in Weißenburg erst aus der Barockzeit stammt, so weist es doch darauf hin: Weißenburg hatte bereits im 13. Jahrhundert die Gerichtsbarkeit in Zivil- und Strafsachen für seine Bürger. Am Platz vor der Waage am Rathaus wurde das Gerichtsurteil verkündet. Diese Abbildung erinnert an die recht wirksame Methode, im Mittelalter Diebe zu be­strafen. Wer keine Hand mehr hatte, konnte zwangsläufig auch nicht mehr steh­len. Darüber hinaus war er aber auch vor allen als Dieb ein Leben lang gezeich­net - eine bestimmt recht harte Strafe.


Übrigens war Geld bis ins vorige Jahrhundert nicht nur unter den Bauern knapp, sondern auch unter den Bürgern. Der Naturalhandel und die Selbst­versorgung spielten frü­her noch eine ganz wichtige Rolle. So ist es nicht ver­wunderlich, dass auch der Richter für seine Tätigkeit dadurch bezahlt wurde, dass er ein städtisches Feld zu seiner Nutzung erhielt. Ob er es dann selbst bestellte oder verpachtete, blieb ihm überlassen. Aber so erklärt sich der Straßen­name Am Richterfeld im Westen der Stadt, wo das Richterfeld lag.


Vor der Waage an der Rathauswestseite wurde dann das Urteil für den Missetäter verkündet. Dabei galt es als ehrenhafter, bei einem Todesurteil zum Enthaupten verurteilt worden zu sein als durch den Galgen. Das Ergebnis war allerdings in beiden Fällen dasselbe. Die Richtstatt lag bei der heutigen Gast­stätte "Casino". Bereits im 15. Jahrhundert ist uns der Flurname bey der Haubtstatt überliefert; die Stelle in der Nürnberger Str. heißt später haupt Richtstatt und Köpfstadt. Haupten bedeutet auch enthaupten. Die Ent­hauptungsstätte war rund und mit Steinen aufgemauert. Nachdem Weißenburg zu Bayern kam, wurde diese Stätte 1807 eingerissen. Die Steine mit Abbildungen von Heiligen sollen anschließend für den Anbau der Gaststätte "Casino" verwendet worden sein.[4]

Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass diese Stätte an der Nürnberger Straße lag. Jeder Ankömmling konnte kurz vor Betreten der Stadt sehen: Diese Stadt besitzt das Blutgericht, also: "Lass dir besser nichts zu Schulden kommen!"


Noch viel deutlicher aber galt dies für den Galgenberg. Er lag ebenfalls an der Nürnberger Str. Sie war ja die uralte Fernhandelsstraße zwischen Alpen und Ost­see, der Rennweg, weil man auf dieser Straße wesentlich schneller voran kam als auf den einfachen Wegen. Der Rennweg war geschottert, manche Stücke waren sogar schon im 19. Jahrhundert gepflastert. Vor allem aber hatte er Brücken statt Furten. Damit war Nürnberg etwa genauso schnell zu erreichen wie Heidenheim im Hahnen­kamm, obwohl es etwa doppelt so weit entfernt war. Das sollte auch für die Rechtspflege von Bedeutung sein, denn Nürnberg war Jahrhunderte lang Wegwei­ser, Vorbild und Ratgeber in Rechtsangelegenheiten.

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Die beiden Galgenberge im Norden der Stadt. Auf der Karte ist Osten oben.

Wenn man von Ellingen Richtung Weißenburg kam, sah man schon von Weitem den Galgen der Reichspflege - gelegentlich auch mit einem Hingerichteten. Dieses ma­kabre Schauspiel war durchaus beabsichtigt und sollte einerseits zur Abschre­ckung dienen, aber natürlich auch zur Darstellung der eigenen Macht. (Denn mit 2000 - 3000 Einwohnern im Mittelalter war Weißenburg ja wirklich nur ein kleines Städt­chen.) Der Galgen stand dort, wo heute die Betriebsgebäude der Hermann-Gut­mann-Werke stehen, also gut sichtbar oberhalb der Rezatniederung.

1431 erhielt die Stadt von Kaiser Sigismund den Blutbann, d. h. das Recht, bei Straftätern über Tod und Leben zu entscheiden, so dass ein Galgen nötig wurde. 1530 erhielt die Stadt von Kaiser Karl V. die Reichspflege selbst samt aller hohen und niederen Gerichtsbarkeit, verlor sie jedoch später wieder.[5]

Der Name Hochgericht, der uns für den Galgenberg seit Mitte des 16. Jahrhunderts schriftlich überliefert ist, bezieht sich zum einen auf die Lage, den hohen Gal­gen, die Hinrichtungsstätte, die man auch Halsgericht nannte. Zum Zweiten aber meint der Name Hochgericht, dass an dieser Stelle die Urteile des hohen Gerichts, das über Leben oder Tod entscheiden konnte, umgesetzt wurden. Der Name Galwazer ist eine mundartliche Verballhornung zu Calvarienberg (lat. calvaria = Schädel, vgl. hebr. Golgatha = Schädelstätte) – der Name stammt aus vorreformatorischer Zeit, denn in katholischen Gegenden hat man die Kalvarienberge mit Kreuzwegstationen ausgestaltet. Der Galwazer war die Stelle des Galgens der Reichspflege.

Im Mittelalter waren neben Mord und Totschlag bereits schwere Eigentumsdelikte oder Meineid Gründe, um mit dem Tod am Galgen bestraft zu werden. So bedurfte es schon einer besonderen Portion Galgenhumor, wenn man die Frist bis zum Er­hängen – die Galgenfrist – noch genoss, Witze riss und sich die Henkersmahlzeit schmecken ließ, ehe man als Galgenvogel vor all den Gaffern aufgehängt wurde.


Unterhalb des Berges liegt die Silbermühle. Sie hieß bis nach dem 30-jährigen Krieg Galgenmühle. Der Name entstand als Verkürzung aus Galgen-bergs-mühle. Der mittlere Wortteil fiel aus - es liegt also eine sog. Klammerform vor. Der Gal­genmüller hatte übrigens verschiedene kriminalrechtliche Verpflichtungen zu er­füllen: Zum einen musste er dafür sorgen, dass der Galgen jederzeit benutzbar war, wir würden heute sagen, er hatte den Galgen-TÜV. Zum anderen hatte er aber auch z. B. die Leitern am Galgen zu stellen, vor einer Hinrichtung das Gras zu mähen u. Ä.

Es gab aber in Weißenburg zwei Galgen, nämlich einen an der Nürnberger Straße und einen weiteren am Weg nach Schmalwiesen: Der Galgen in Richtung Schmal­wiesen war der städtische, der auf das Recht von 1431, den Blutbann, zurück­geht, den Kaiser Sigismund verliehen hat. Er stand im Nordwesten jenseits der heutigen Bahnlinie kurz vor Schmalwiesen. Der ehemalige Flurname Galgenfeld nordwestlich der Siebenbronnenmühle erinnert noch daran.

Zwei Personengruppen standen im Mittelalter nicht oder nur bedingt unter der städtischen Gerichtsbarkeit: Juden und Geistlichkeit.


Es gelang Weißenburg kaum, außerhalb der Stadt Lände­reien, nennenswerte Territorien, zu erwerben. Lediglich Suffersheim (ab 1456) und später auch Heuberg gehörten eine Zeitlang zur Stadt. Es gab wohl in 30 Dörfern Streubesitz mit einzelnen Gasthäusern, in denen man auch die Schankge­rechtigkeit hatte, aber sonst war es eher umgedreht: Fremde Herren hatten bis unmittelbar vor der Stadt Rechte. Der Name Brandenburger Hof in der Nieder­hofener Straße hat folgende Geschichte: Hier stand ursprünglich ein wülzburgischer Zehenthof, an den Weißenburger Stadtbauern, die der Wülzburg unterstanden, den großen Zehent abgeben mussten. Der Besitzer dieser ehemali­gen Mühle mit Zehenthof unterstand aber natürlich der wülzburgischen und ab 1525 der brandenburgisch-ansbachischen Gerichtsbarkeit. Später wurde hier auch noch Bier ausgeschenkt; d. h. der Stadt entging nicht nur die Getränkesteuer, wenn die Weißenburger hier ihren Durst löschten, sondern auch bei Wirtshaus­schlägereien wurde wülzburgisches und später markgräfliches Recht angewandt – zumindest, solange man in der Gaststube stritt, zog sich der Streit aber auf die Straße hinaus, so wurde weißenburgisches Recht geltend gemacht – der Ärger war vorprogrammiert. Denn in Weißenburg konnte man sich auf das königliche Privileg von 1296 durch Adolf von Nassau berufen, wonach kein Wei­ßenburger Bürger weder in Straf- noch in Zivilsachen dem Richter der Stadt entzogen werden durfte.[6]


Dia: Geleitsäule

Aber die Reichsstadt konnte eben nie größeren Landbesitz au­ßerhalb der Stadt gewinnen.

Sie hatte fast kein Territorium.

Im Süden ging die Stadtgrenze bis zum Markhof, dem Hof an der Mark, an der Grenze, aber bis zur Geleitsäule ging das Pappenheimer Geleit – und die steht an der Abzweigung der Treucht­linger von der Augsburger Straße, also in Höhe des OBI-Marktes, und zwar schon immer, wie die Flurnamen in dieser Gegend beweisen. Die Marschälle von Pappenheim gewährten ab dieser Gabelung bis Monheim den Kaufmannszügen Ge­leit gegen Straßendiebe udgl. – gegen Entgelt natürlich. Heute steht an dieser Stelle nur noch der Sockel einer Geleitsäule von 1612. Bis hierher wurden einst Straftäter von Weißenburg aus ausgepeitscht.

Als im 14. Jahrhundert Hans von Hausen (= Weiboldshausen) Reichspfleger in Weißenburg war, hätte sich für die Stadt die Möglichkeit geboten, die beiden Dörfer Höttingen und Weiboldshausen zu gewinnen, weil sie dem Hans von Hausen ge­hörten, aber die Stadt hat diese Möglichkeit nicht genutzt.[7]

Aus der Oberhochstatter Flur ist uns der Flurname Schnellgalgen überliefert. Hier wurde das Erhängen durch Hochschnellen des Seiles, z. B. durch einen Stein als Gegengewicht auf der anderen Seite bewirkt. Das heißt aber auch, dass Oberhochstatt eine eigene Gerichtsbarkeit hatte, zumindest ist diese für das 15. und16. Jahrhundert. überliefert. Sein Umfang dürfte sich auf den Pfarrbezirk beschränkt haben.


Mittelalterli­che Gerichtsbarkeit konnte aber auch anders aussehen:

Datei:CIMG0549.JPG
Das sog. Schwedenkreuz bei Kattenhochstatt

Das sog. Schwedenkreuz bei Kattenhochstatt ist nämlich älter als der 30-jährige Krieg und ist wahrscheinlich ein Sühnekreuz aus der Zeit um 1500 und ein Sinn­bild mittelalterlicher Rechtssprechung. Eine Bluttat, die im Zorn oder unüberlegt begangen wurde, wurde nicht als Mord, sondern als Totschlag gewertet und konnte bis ins 16. Jahrhundert durch Sühne, Buße „wiedergutgemacht" werden. Der Täter hatte zunächst am offenen Grab Abbitte zu leisten, die Begräbnis­kosten und den Leichenschmaus zu zahlen, den unversorgten Hinterbliebenen ggf. eine Rente zu zahlen, hatte z. B. das Gasthaus zu verlassen, wenn einer der Angehörigen des Getöteten die Wirtsstube betrat, oder er hatte überhaupt das Bleiberecht im Ort verwirkt, aber er blieb am Leben. Als sichtbares Zeichen sei­ner Reue hatte er meist ein solches Sühnekreuz zu errichten. Es sollte an den Verstorbenen erin­nern, der ohne Sterbesakramente – wir sind ja noch vor der Reformation – ver­starb. Der Vorbeikommende war aufgefordert, durch Gebetesprechen zu helfen, dass dem Toten so das Seelenheil erleichtert werden sollte.

Dies sind die wichtigsten Flurnamen im Stadtbezirk Weißenburg. Ergänzungen und nähere Einzelheiten sind zu entnehmen bei: Ulf Beier. Weißenburger Flurnamnbuch, Weißenburger Heimatbücher, Band 4, Weißenburg 1995

Fußnoten

  1. Stadtarchiv Weißenburg, Akt. 11090, nach Gröschel in Weißenburger Heimatblätter 1938, S. 101
  2. Flachenecker, Helmut, Der Typus der fränkischen Reichsstadt in "villla nostra" 2/1992, Weißenburg
  3. APPEL, Brun, Die Reichsstadt Weißenburg am Nordgau in "Im Weißenburger Land", München 1971, S. 88
  4. RIEDER, Otto, Geschichte der ehemaligen Reichsstadt und Reichspflege Weißenburg am Nordgau, bearbeitet von Reiner Kammerl, Band 1, Weißenburg 2002, S. 163; dort nähere Einzelheiten
  5. VOLTZ, Georg Adam: Chronik der Stadt Weißenburg im Nordgau und des Klosters Wülzburg, Weißenburg 1835, S. 65f
  6. VOLTZ, s. o., S. 54
  7. VOLTZ, s. o., S. 60

Weißenburger Flurnamen, Teil 2

Flurnamen geben Hinweise auf das Leben in früheren Jahrhunderten


Das Thema behandelt einige Flurnamen der Stadt Weißenburg und seiner Ortsteile.

Als Flurnamen bezeichnet man die Namen für die unbewohnte Fläche um eine Siedlung, also die Felder, Wiesen, Wälder, Gewässer aller Art, Berge und Verkehrswege.

Neben Flurnamen, die auf untergegangene Siedlungen hinweisen, gibt es auch jede Menge Namen, die das Leben, vor allem das bäuerliche, in früheren Jahrhunderten offenbaren.


Ein typischer Flurname ist Breitung.

Breitung oder Breite nannte man ein ausgedehntes, großes Feld, also einen Acker, der sowohl lang als auch breit war. Oft gehörte dieses Feld einem Ortsadeligen. Der Name Breitung ist sehr alt und geht bis ins 5./6. Jahrhundert zurück. Er ist damit einer der ältesten Flurnamen überhaupt und lässt somit Rückschlüsse auf eine Siedlung zu, die in die Zeit vor der ersten urkundlichen Erwähnung einer Ortschaft liegen. In der Völkerwanderungszeit war unser Gebiet lange Zeit Durchzugsgebiet, sodass sich keine römischen oder andere vordeutschen Namen erhalten haben. D. h. unsere Gegend hatte offensichtlich keine dauerhafte Besiedlung mit Menschen, die Bezeichnungen weitergegeben hätten. Als dann die ersten Dauersiedler kamen, waren dies germanische Sippenführer, die mit ihrem Gefolge ein Dorf gründeten, in dem sie aber die guten Ackerstücke für sich beanspruchten. Die Flurnamen Breitung oder Breite finden wir in Weißenburg und sechs Ortsteilen, nämlich in Dettenheim, Emetzheim, Haardt, Holzingen, Weimersheim, Weißenburg und historisch in Suffersheim - alles Orte, deren Erstnennung später liegt als ihre Gründung.[1]

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Die Schreibung des Wortes Brühl im Laufe der Jahrhunderte


Der Brühl ist ein ortsnahes, ertragreiches, ursprünglich ziemliches feuchtes Wiesenland, w. z. B. am Brühlbach, das ist der Stadtbach unterhalb des Römerkastells in Weißenburg. Im Gegensatz zur Breitung ist der Brühl (oder die Brühl) eine Wiese, u. zw. meist mit einer Sonderstellung, d. h. er gehörte einer Herrschaft und war offenbar wohl eingezäunt bzw. mit einer Hecke umgeben – gelegentlich noch heute. Der Flurname Brühl ist ebenfalls ein Kennzeichen eines sehr alten Ortes. Wir finden diesen Namen z. B. in Emetzheim, Holzingen, Kattenhochstatt, Niederhofen, Suffersheim und Weißenburg.


Ein sehr häufiger Flurname ist im Fränkischen Espan (Ma äischbə , z. B. in Emetzheim nördlich des Hammerstattgrabens und ist heute Teil der Flur Anger.). Der Espan war nicht eingezäuntes Gemeindeweideland. Der Flurname tritt im Stadtbereich Weißenburg 22 Mal auf. Das Wort hat eine interessante Entstehungsgeschichte: Den Großtieren (Pferden, Kühen) wurden die Vorderfüße zusammengebunden, damit sie nicht ausreißen konnten. Das nannte man spannen. Ê bedeutet Recht, Gesetz, auch Dorfgemeinde (Wir haben es in unserem Wort Ehe erhalten, das Recht, Gesetz heißt). Man unterschied dann, je nachdem, welche Tiere man dort weidete, nach Gänsäischbə, Ochsnäischbə. Nachdem der Espan nicht eingezäunt war, war das Gänsehüten Kinderarbeit, und man war gar nicht begeistert, als die Schule eingeführt wurde, dass man niemanden mehr hatte, der am Vormittag Gänse hüten konnte.

Im Gegensatz zum Espan gab es die Peunt (ma baind, z. B. in Oberhochstatt beim Reitplatz, in Kattenhochstatt und Holzingen). Die Paint ist ein dorfnahes, eingefriedetes Wiesenstück, das nicht zur allgemeinen Benutzung zur Verfügung stand, auch nicht dem Gemeindehirten. Seit ältester Zeit hatten die Bauern das Recht, von der Allgemeinwiese einen kleinen hofnahen Teil einzuzäunen und zu nutzen. Das Wort kommt von althochdeutsch biunt, biwund = was sich herumwindet, es war also ein Grundstück mit einem geflochtenen Zaun.

In Oberhochstatt liegt jetzt die Point aber dorffern. Außerdem gab es nahe beim Parkplatz Am Brand die Flur Flecken, ehem. kleine, kurze Flurstücke, die auch typisch für die Dorfnähe sind und den Flurnamen Steinmäuerle. Ulf BEIER vermutet, dass dort u. U. auch ein Weiler gewesen sein mag. Näheres siehe Weißenburger Flurnamen, Teil 1.

Auch der Name Egern, Echern, Eggern oder Egarten ist recht häufig. Er offenbart uns ebenfalls ein Stück mittelalterlicher Bodenbewirtschaftung. Als es noch keinen Kunstdünger gab, konnten wenig ertragreiche Böden oft nur für ein paar Jahre unter den Pflug genommen werden. Dann waren sie erschöpft. Sie lagen brach. Mittelhochdeutsch brach hieß egerte. Diese Brache zur Bodenerholung war nötig trotz der sog. Dreifelderwirtschaft, bei der im ersten Jahr Wintergetreide angebaut wurde, das im Herbst gesät wurde, also überwinterte, im zweiten Jahr Sommergetreide und im dritten Jahr ohnehin das Feld brachlag, ehe im vierten Jahr wieder Wintergetreide gesät wurde.

Aber man musste diese Felder wegen ihrer geringen Bodengüte mehrere Jahre brach liegen lassen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass mancher Egern heute wegen des geringen Ertrages (wieder) Wald ist.


In vielen Flurnamen spiegelt sich aber auch das dörfliche Leben früherer Zeiten wider.

Eine lustige Geschichte ist die von der Musikantenwiese in Kattenhochstatt. Das ist eine fette Wiese im Heugarten. Sie ist eine Wechselwiese, die drei Besitzer hat. In einem Jahr bewirtschaftet sie der Bauer A, im zweiten Jahr der Bauer B, im dritten Jahr wieder der Bauer A und im vierten der Bauer C. Wer sie mähen durfte, musste aber in diesem Jahr die Musikanten auf der Kirchweih bezahlen – ein zweischneidiges Schwert! Die Wiese liegt im Bildvordergrund östlich des Kinderspielplatzes. Sie ist heute noch eine Wechselwiese.


Auf der Holzgasse, die es in sehr vielen Orten gibt, ging es nicht nur ins Holz, also in den Wald, um dort Brennholz und Bauholz zu holen, sondern dorthin trieb man z. B. auch die Großtiere wie die Rinder zur Weide, daher der Flurname Triebgasse, Trift, Kühtrieb u. Ä, aber natürlich auch die Schweine zur Eichelmast, die Ziegen und Schafe für die mageren Hänge.

Der Gemeindehirte war durchaus angesehen im Dorf. Schließlich hat man ihm doch sein Vieh anvertraut. Nachdem er aber im Winter nicht hüten konnte, vertraute man ihm dann im Hirtenhaus (von Haardt ist dies überliefert) die Kinder an, die bei ihm in die Schule gingen. Wie viel und was sie gelernt haben, ist nicht überliefert. In Dettenheim hat Ulf BEIER im Buch der Feldgeschworenen den Hinweis gefunden, dass es seit etwa 1550 den Nachweis für eine Schule gibt.

Weniger angesehen war der Beruf des Dorfschullehrers, der nur die Kinder unterrichtete ohne Viehhütefunktion. Sie fehlten im Sommer zum Gänsehüten, wie schon erwähnt, und erst recht zur Feldarbeit. Noch bis in die 1970er Jahre durften die Bauernkinder der 7. und 8. Volksschulklassen zur Erntearbeit vom Unterricht freigestellt werden. Für einen Lehrer reichten nach der landläufigen Meinung neben einer schmalen Entlohnung über die Kirche wohl ein Schuläckerlein oder eine Schulwiese dem Dorfschullehrer noch im 19. Jahrhundert als Besoldung aus. Außerdem bekam er fürs Glockenläuten noch nach dem 2. Weltkrieg in Dettenheim pro Hof zwei Läutgarben, die er mit dem Leiterwägelchen einsammelte.


Viel wäre noch zu berichten über das bäuerliche Leben in der vorindustriellen Zeit, wie es sich in Flurnamen widerspiegelt, z. B. in Beziug auf die Viehhaltung, das Schlachten oder das Flachsbrechen sowie über Berufe im Dorf, z. B. den Schmied, den Müller oder den Dorfbader, über Lehensverhältnisse odgl.[2]

Fußnoten

  1. SCHNETZ, Joseph: Flurnamenkunde, München, 1997, S. 21 u. 60; EIGLER, Friedrich: Weißenburg und sein Umland im Jahre 793 in villa nostra 2/1993, S. 13
  2. Näheres siehe bei BEIER, Ulf: Weißenburger Flurnamenbuch, Weißenburger Heimatbücher, Band 4, Weißenburg o. J. (1995)