Benutzer:Ubeier

Aus Wugwiki

über mich

Jahrgang 1941, in Weißenburg seit 1971; verheiratet, zwei Söhne, vier Enkel

im Ruhestand, vorher Studienrat an der Realschule Weißenburg

miniatur|

bereits bearbeitete Themen

Altmühl, Brombachsee, Igelsbachsee, Hahnenkammsee, Schwäbische Rezat, J.Lidl, Fr. Liebl, Dr. Otto "Leo", E.Model, Ergänzung Dettenheim u. R. Nebel, Friedrich-Ebert-Str., J.Schieder, G.Demel, Anlauter, 5 Artikel v.H. Spitschka, Rennweg, SL WUG, Wohnstättennamen, Wülzbg.-Gedenkst., Heimatbücherverz., Bahnhofstr., Karl IV., Landschaftsbild, 4 Artikel Mundart (Mertens), 3 Artikel über die Schambach, HNavratil, StHedwigMB, Erzgeb.stub.GUN, OBSchwirzer, Hist.Stammtisch, Exulantennamen (40), WUG-SEB, OStiepak, RainMesserer, Papp.Ehrenbg., Ergänzg. Wßbg.Bgm., 5 Zeitzeugenberichte (50), AlBinkert, JohMertens, TreuchtlMöhrenb., EBW, StrN m. Bez. zu Vertreibg., Schulzentrum, Stichvillapark, E.-Schulhoff-Str., Einwohnerzahlen aktualisiert ab 1960, Patensch. (60), 2x RSWUG, AHochmuth, MWenz, RJoppien, Wßbg. FlN 1-3, JZörkler

Flurnamen und Rechtsbräuche

Es gab es bis ins 19. Jahrhundert einen deutlichen Unterschied zwischen dem privilegierten Adel und dem kleinen Mann. So hatte z. B. der Adel das Recht der Großwildjagd (v. a. Rehe, Hirsche). Den Bauern blieb nur das Jagen auf das Niederwild, also Hasen, Füchse, Vögel udgl. So erklären sich die Namen Bannwald und Vogelherd. Aber die Bauern hatten durchaus Frondienste für die Herrschaft auszuführen und konnten z. B. zu Holzarbeiten herangezogen werden.


Das Bannholz (mundartlich bûhulz, im Westen von Oberhochstatt) war ursprünglich wülzburgischer Wald, später markgräflicher, dann fürstlich Wredescher Besitz. Die Obrigkeit hatte da den Wildbann, das Jagdrecht, und andere Rechte, weshalb er für die Bauern gebannt war. Davor liegen die Bannholzäcker.


Der Flurname Vogelherd taucht sowohl in Weißenburg an der ehemaligen Gemarkungsgrenze zum Laubental hin auf und in Oberhochstatt. Als Vogelherd bezeichnete man einen Erdaufwurf an erhöhter Stelle im Gelände, etwa einen halben bis einen Meter hoch und einen Meter breit. Er schaute also aus wie ein Küchenherd. In ihn steckte man Leimruten mit Ködern. Versuchte ein Vogel diesen Köder zu holen, blieb er auf der Leimrute kleben. Er war ihm auf den Leim gegangen. Solche Vogelherde sind uns aus Oberhochstatt und Weißenburg überliefert. Der Jagdvertrag von 1544 zwischen Eichstätt, Pappenheim und Weißenburg gestattete selbst den Bürgern die niedere Jagd nicht, erlaubte aber „ Das klein Weydwerk mit der Vogelweyd zu treiben auf ihren Gehülzen alß da sind Reb- und Haselhühner, dergleichen klein und groß Vögel auf den Vogelherden mit Leimstangen, Böglein, Klebruten… oder anderem Zeug zu jagen. Dabei dürfen keine Büchsen oder andere Geschoß auf den Wald getragen werden.“ [1]Dieser Vertrag war bis 1849 gültig.


Neben diesen kleinen Rechtsverhältnissen gab es natürlich auch die Gerichtsbarkeit.

Datei:FlN 0002 NEW.jpg

Gerichtsbarkeit bedeutet, dass man berechtigt ist, selbst Recht zu sprechen und dieses ggf. auch auszuführen, also zu bestrafen.

Kennzeichen einer Reichsstadt war es unter anderem, die Gerichtsbarkeit zu be­sitzen. Dabei unterscheidet man zwischen der niederen und hohen Gerichtsbar­keit.


Weißenburg ist spätestens ab der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine "civitas", also auch im rechtlichen Sinne eine Stadt mit eigenem Siegel. An der Spitze dieser Bür­gerschaft steht ein vom König eingesetzter Amtmann. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte gelang es den Bürgern, immer mehr Rechte und Aufga­ben des Amt­manns an sich zu ziehen. 1318 gewannen die Weißenburger das Zu­stimmungsrecht bei der Besetzung des Amtmannpostens eingeräumt, 1355 redu­zierte sich bereits die königliche Mitsprache auf die reine Bestätigung seines Beamten , der von den Bürgern bestimmt war. 1362 musste der Amtmann der Stadt einen Treueeid leisten, dass er ihre alten Freiheiten unangetastet lasse. [2]

In der Folgezeit waren es Mitglieder des umliegen­den Adels (z. B. Salacher, Treuchtlinger, Schenken von Geyern, Pappenheimer usw.)"[3]. Mit diesem Amt war aber auch die Schutzherrschaft über Dörfer am Ruppmannsberg verbunden (z. B. Reuth am Wald, Wengen, Biburg usw.). Nach dem Aussterben der Hirschberger als Amtmänner fiel die Reichspflege zurück ans Reich.

Der Kaiser verlieh ihre Ver­waltung an Adelige, meist Ritter der Umgebung, die dann ihren Sitz im Blauen Haus nahmen in der Rosenstraße, wie noch der Stadtchronist Otto Rieder meint. Ab dem 14. Jahrhundert hieß der Amt­mann Reichspfleger und übte bis Anfang des 15. Jahrhunderts auch die Vogtei über das Benediktinerkloster Wülzburg aus.

Datei:FlN NEW.jpg
Abgehackte Hand am Blauen Haus in Weißenburg mit der Beschriftung: Kayserliche Freyheith 1766

Aufgabe des Amtmanns war u. a. die Rechtssprechung. Er übte den königlichen Blutbann aus. Der Reichspfleger war also zuständig für alle Kriminal- und Zivilfälle im Stadtbereich.

Er führte im Stadtgericht den Vorsitz, während die Schöffen Ratsmitglieder waren.

Trotz der wiederholten Verpfändungen der Stadt behielt Weißenburg seine Stel­lung als Reichsstadt und erwarb als königliches Privileg 1318 das Recht, nur einen Reichspfleger anzuerkennen, der den Bürgern der Stadt genehm sei.

Der Reichs­pfleger oder Reichsvogt, wie er auch genannt wurde, war also nur dem Kaiser untertan. Seine Urteile konnten deshalb auch nur vom Kaiser aufgehoben wer­den. Auch wenn das Steinrelief mit der abgehackten Hand am Blauen Haus in Weißenburg erst aus der Barockzeit stammt, so weist es doch darauf hin: Weißenburg hatte bereits im 13. Jahrhundert die Gerichtsbarkeit in Zivil- und Strafsachen für seine Bürger. Am Platz vor der Waage am Rathaus wurde das Gerichtsurteil verkündet. Diese Abbildung erinnert an die recht wirksame Methode, im Mittelalter Diebe zu be­strafen. Wer keine Hand mehr hatte, konnte zwangsläufig auch nicht mehr steh­len. Darüber hinaus war er aber auch vor allen als Dieb ein Leben lang gezeich­net - eine bestimmt recht harte Strafe.


Übrigens war Geld bis ins vorige Jahrhundert nicht nur unter den Bauern knapp, sondern auch unter den Bürgern. Der Naturalhandel und die Selbst­versorgung spielten frü­her noch eine ganz wichtige Rolle. So ist es nicht ver­wunderlich, dass auch der Richter für seine Tätigkeit dadurch bezahlt wurde, dass er ein städtisches Feld zu seiner Nutzung erhielt. Ob er es dann selbst bestellte oder verpachtete, blieb ihm überlassen. Aber so erklärt sich der Straßen­name Am Richterfeld im Westen der Stadt, wo das Richterfeld lag.


Vor der Waage an der Rathauswestseite wurde dann das Urteil für den Missetäter verkündet. Dabei galt es als ehrenhafter, bei einem Todesurteil zum Enthaupten verurteilt worden zu sein als durch den Galgen. Das Ergebnis war allerdings in beiden Fällen dasselbe. Die Richtstatt lag bei der heutigen Gast­stätte "Casino". Bereits im 15. Jahrhundert ist uns der Flurname bey der Haubtstatt überliefert; die Stelle in der Nürnberger Str. heißt später haupt Richtstatt und Köpfstadt. Haupten bedeutet auch enthaupten. Die Ent­hauptungsstätte war rund und mit Steinen aufgemauert. Nachdem Weißenburg zu Bayern kam, wurde diese Stätte 1807 eingerissen. Die Steine mit Abbildungen von Heiligen sollen anschließend für den Anbau der Gaststätte "Casino" verwendet worden sein.[4]

Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass diese Stätte an der Nürnberger Straße lag. Jeder Ankömmling konnte kurz vor Betreten der Stadt sehen: Diese Stadt besitzt das Blutgericht, also: "Lass dir besser nichts zu Schulden kommen!"


Noch viel deutlicher aber galt dies für den Galgenberg. Er lag ebenfalls an der Nürnberger Str. Sie war ja die uralte Fernhandelsstraße zwischen Alpen und Ost­see, der Rennweg, weil man auf dieser Straße wesentlich schneller voran kam als auf den einfachen Wegen. Der Rennweg war geschottert, manche Stücke waren sogar schon im 19. Jahrhundert gepflastert. Vor allem aber hatte er Brücken statt Furten. Damit war Nürnberg etwa genauso schnell zu erreichen wie Heidenheim im Hahnen­kamm, obwohl es etwa doppelt so weit entfernt war. Das sollte auch für die Rechtspflege von Bedeutung sein, denn Nürnberg war Jahrhunderte lang Wegwei­ser, Vorbild und Ratgeber in Rechtsangelegenheiten.

Datei:FlN 0003 NEW.jpg
Die beiden Galgenberge im Norden der Stadt. Auf der Karte ist Osten oben.

Wenn man von Ellingen Richtung Weißenburg kam, sah man schon von Weitem den Galgen der Reichspflege - gelegentlich auch mit einem Hingerichteten. Dieses ma­kabre Schauspiel war durchaus beabsichtigt und sollte einerseits zur Abschre­ckung dienen, aber natürlich auch zur Darstellung der eigenen Macht. (Denn mit 2000 - 3000 Einwohnern im Mittelalter war Weißenburg ja wirklich nur ein kleines Städt­chen.) Der Galgen stand dort, wo heute die Betriebsgebäude der Hermann-Gut­mann-Werke stehen, also gut sichtbar oberhalb der Rezatniederung.

1431 erhielt die Stadt von Kaiser Sigismund den Blutbann, d. h. das Recht, bei Straftätern über Tod und Leben zu entscheiden, so dass ein Galgen nötig wurde. 1530 erhielt die Stadt von Kaiser Karl V. die Reichspflege selbst samt aller hohen und niederen Gerichtsbarkeit, verlor sie jedoch später wieder.[5]

Der Name Hochgericht, der uns für den Galgenberg seit Mitte des 16. Jahrhunderts schriftlich überliefert ist, bezieht sich zum einen auf die Lage, den hohen Gal­gen, die Hinrichtungsstätte, die man auch Halsgericht nannte. Zum Zweiten aber meint der Name Hochgericht, dass an dieser Stelle die Urteile des hohen Gerichts, das über Leben oder Tod entscheiden konnte, umgesetzt wurden. Der Name Galwazer ist eine mundartliche Verballhornung zu Calvarienberg (lat. calvaria = Schädel, vgl. hebr. Golgatha = Schädelstätte) – der Name stammt aus vorreformatorischer Zeit, denn in katholischen Gegenden hat man die Kalvarienberge mit Kreuzwegstationen ausgestaltet. Der Galwazer war die Stelle des Galgens der Reichspflege.

Im Mittelalter waren neben Mord und Totschlag bereits schwere Eigentumsdelikte oder Meineid Gründe, um mit dem Tod am Galgen bestraft zu werden. So bedurfte es schon einer besonderen Portion Galgenhumor, wenn man die Frist bis zum Er­hängen – die Galgenfrist – noch genoss, Witze riss und sich die Henkersmahlzeit schmecken ließ, ehe man als Galgenvogel vor all den Gaffern aufgehängt wurde.


Unterhalb des Berges liegt die Silbermühle. Sie hieß bis nach dem 30-jährigen Krieg Galgenmühle. Der Name entstand als Verkürzung aus Galgen-bergs-mühle. Der mittlere Wortteil fiel aus - es liegt also eine sog. Klammerform vor. Der Gal­genmüller hatte übrigens verschiedene kriminalrechtliche Verpflichtungen zu er­füllen: Zum einen musste er dafür sorgen, dass der Galgen jederzeit benutzbar war, wir würden heute sagen, er hatte den Galgen-TÜV. Zum anderen hatte er aber auch z. B. die Leitern am Galgen zu stellen, vor einer Hinrichtung das Gras zu mähen u. Ä.

Es gab aber in Weißenburg zwei Galgen, nämlich einen an der Nürnberger Straße und einen weiteren am Weg nach Schmalwiesen: Der Galgen in Richtung Schmal­wiesen war der städtische, der auf das Recht von 1431, den Blutbann, zurück­geht, den Kaiser Sigismund verliehen hat. Er stand im Nordwesten jenseits der heutigen Bahnlinie kurz vor Schmalwiesen. Der ehemalige Flurname Galgenfeld nordwestlich der Siebenbronnenmühle erinnert noch daran.

Zwei Personengruppen standen im Mittelalter nicht oder nur bedingt unter der städtischen Gerichtsbarkeit: Juden und Geistlichkeit.


Es gelang Weißenburg kaum, außerhalb der Stadt Lände­reien, nennenswerte Territorien, zu erwerben. Lediglich Suffersheim (ab 1456) und später auch Heuberg gehörten eine Zeitlang zur Stadt. Es gab wohl in 30 Dörfern Streubesitz mit einzelnen Gasthäusern, in denen man auch die Schankge­rechtigkeit hatte, aber sonst war es eher umgedreht: Fremde Herren hatten bis unmittelbar vor der Stadt Rechte. Der Name Brandenburger Hof in der Nieder­hofener Straße hat folgende Geschichte: Hier stand ursprünglich ein wülzburgischer Zehenthof, an den Weißenburger Stadtbauern, die der Wülzburg unterstanden, den großen Zehent abgeben mussten. Der Besitzer dieser ehemali­gen Mühle mit Zehenthof unterstand aber natürlich der wülzburgischen und ab 1525 der brandenburgisch-ansbachischen Gerichtsbarkeit. Später wurde hier auch noch Bier ausgeschenkt; d. h. der Stadt entging nicht nur die Getränkesteuer, wenn die Weißenburger hier ihren Durst löschten, sondern auch bei Wirtshaus­schlägereien wurde wülzburgisches und später markgräfliches Recht angewandt – zumindest, solange man in der Gaststube stritt, zog sich der Streit aber auf die Straße hinaus, so wurde weißenburgisches Recht geltend gemacht – der Ärger war vorprogrammiert. Denn in Weißenburg konnte man sich auf das königliche Privileg von 1296 durch Adolf von Nassau berufen, wonach kein Wei­ßenburger Bürger weder in Straf- noch in Zivilsachen dem Richter der Stadt entzogen werden durfte.[6]


Dia: Geleitsäule

Aber die Reichsstadt konnte eben nie größeren Landbesitz au­ßerhalb der Stadt gewinnen.

Sie hatte fast kein Territorium.

Im Süden ging die Stadtgrenze bis zum Markhof, dem Hof an der Mark, an der Grenze, aber bis zur Geleitsäule ging das Pappenheimer Geleit – und die steht an der Abzweigung der Treucht­linger von der Augsburger Straße, also in Höhe des OBI-Marktes, und zwar schon immer, wie die Flurnamen in dieser Gegend beweisen. Die Marschälle von Pappenheim gewährten ab dieser Gabelung bis Monheim den Kaufmannszügen Ge­leit gegen Straßendiebe udgl. – gegen Entgelt natürlich. Heute steht an dieser Stelle nur noch der Sockel einer Geleitsäule von 1612. Bis hierher wurden einst Straftäter von Weißenburg aus ausgepeitscht.

Als im 14. Jahrhundert Hans von Hausen (= Weiboldshausen) Reichspfleger in Weißenburg war, hätte sich für die Stadt die Möglichkeit geboten, die beiden Dörfer Höttingen und Weiboldshausen zu gewinnen, weil sie dem Hans von Hausen ge­hörten, aber die Stadt hat diese Möglichkeit nicht genutzt.[7]

Aus der Oberhochstatter Flur ist uns der Flurname Schnellgalgen überliefert. Hier wurde das Erhängen durch Hochschnellen des Seiles, z. B. durch einen Stein als Gegengewicht auf der anderen Seite bewirkt. Das heißt aber auch, dass Oberhochstatt eine eigene Gerichtsbarkeit hatte, zumindest ist diese für das 15. und16. Jahrhundert. überliefert. Sein Umfang dürfte sich auf den Pfarrbezirk beschränkt haben.


Mittelalterli­che Gerichtsbarkeit konnte aber auch anders aussehen:

Datei:CIMG0549.JPG
Das sog. Schwedenkreuz bei Kattenhochstatt

Das sog. Schwedenkreuz bei Kattenhochstatt ist nämlich älter als der 30-jährige Krieg und ist wahrscheinlich ein Sühnekreuz aus der Zeit um 1500 und ein Sinn­bild mittelalterlicher Rechtssprechung. Eine Bluttat, die im Zorn oder unüberlegt begangen wurde, wurde nicht als Mord, sondern als Totschlag gewertet und konnte bis ins 16. Jahrhundert durch Sühne, Buße „wiedergutgemacht" werden. Der Täter hatte zunächst am offenen Grab Abbitte zu leisten, die Begräbnis­kosten und den Leichenschmaus zu zahlen, den unversorgten Hinterbliebenen ggf. eine Rente zu zahlen, hatte z. B. das Gasthaus zu verlassen, wenn einer der Angehörigen des Getöteten die Wirtsstube betrat, oder er hatte überhaupt das Bleiberecht im Ort verwirkt, aber er blieb am Leben. Als sichtbares Zeichen sei­ner Reue hatte er meist ein solches Sühnekreuz zu errichten. Es sollte an den Verstorbenen erin­nern, der ohne Sterbesakramente – wir sind ja noch vor der Reformation – ver­starb. Der Vorbeikommende war aufgefordert, durch Gebetesprechen zu helfen, dass dem Toten so das Seelenheil erleichtert werden sollte.

Dies sind die wichtigsten Flurnamen im Stadtbezirk Weißenburg. Ergänzungen und nähere Einzelheiten sind zu entnehmen bei: Ulf Beier. Weißenburger Flurnamnbuch, Weißenburger Heimatbücher, Band 4, Weißenburg 1995

Fußnoten

  1. Stadtarchiv Weißenburg, Akt. 11090, nach Gröschel in Weißenburger Heimatblätter 1938, S. 101
  2. Flachenecker, Helmut, Der Typus der fränkischen Reichsstadt in "villla nostra" 2/1992, Weißenburg
  3. APPEL, Brun, Die Reichsstadt Weißenburg am Nordgau in "Im Weißenburger Land", München 1971, S. 88
  4. RIEDER, Otto, Geschichte der ehemaligen Reichsstadt und Reichspflege Weißenburg am Nordgau, bearbeitet von Reiner Kammerl, Band 1, Weißenburg 2002, S. 163; dort nähere Einzelheiten
  5. VOLTZ, Georg Adam: Chronik der Stadt Weißenburg im Nordgau und des Klosters Wülzburg, Weißenburg 1835, S. 65f
  6. VOLTZ, s. o., S. 54
  7. VOLTZ, s. o., S. 60

Im Bewusstsein vieler

geschichtlicher Gemeinsamkeiten

Geschichtliche Beziehungen zwischen dem Weißenburger Raum und den Sudetenländern

In der langen gemeinsamen Geschichte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation sind zwischen dem Weißenburger Raum und den Sudetenländern Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien eine Vielzahl von geschichtlichen Beziehungen entstanden. Die vier wichtigsten Territorialgewalten im Weißenburger Raum, entsprechend etwa dem Altlandkreis Weißenburg, waren vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende des alten Reiches die freie Reichsstadt Weißenburg, die Grafschaft der Reichserbmarschälle von Pappenheim, der Deutsche Orden in Ellingen und die Markgrafen von Ansbach. Hatten die ersten drei immer enge Bindungen an das Reich, so waren die Markgrafen von Ansbach durch Gebietserwerbungen in Sudetenschlesien mit den Sudetenländern verbunden.

Eine ganze Reihe von Urkunden der freien Reichsstadt Weißenburg wurde in Prag ausgestellt, das lange Zeit die Hauptstadt des Reiches war. Unter diesen Urkunden sind so wichtige wie die zweite Waldschenkung von 1350 durch Kaiser Karl IV. oder jene von 1376, die Weißenburg das Recht gab, die südliche Vorstadt mit Mauer und Graben zu umfassen. „Gegeben zu Prag am 8. Januar 1360" steht auch auf der bedeutsamen Urkunde, die den Bürgern von Weißenburg die Lösung aus der Verpfändung für 28000 Gulden bestätigt, wozu Kaiser Karl IV. 8000 Gulden beisteuerte.

Entscheidend für die Zukunft der Reichsstadt war darin die Zusicherung, dass die Stadt nimmer versetzt werden soll. Das Schicksal des Reichslandes Eger, das von Kaiser Ludwig dem Bayern drei Jahre vor der Verpfändung Weißenburgs 1322 an die böhmische Krone verpfändet, aber nie mehr ausgelöst wurde, veranschaulicht den Wert der kaiserlichen Zusage.

Mit der Gründung der ersten Reichsuniversität in Prag durch Kaiser Karl IV. in Prag im Jahre 1348 gehen im Laufe der Jahrhunderte auch zahlreiche ehemalige Weißenburger Lateinschüler zum Studium nach Prag, wie Namenslisten beweisen.

Am Anfang des 16. Jahrhunderts findet man eine erste Verbindung zur Patenstadt Kaaden. Ein Michael von Kaaden fertigt in Nürnberg ein Rechtsgutachten für die Reichsstadt Weißenburg.

In den Weißenburger Kirchenbüchern erscheint 1585 als erster Deutscher aus Böhmen der Bergmann Johann Rosenbaum aus St. Joachimsthal im Erzgebirge, der hier heiratet. Ab 1608 sind dann in den Eintragungen häufig Personen aus den Sudetenländern zu finden. Unter ihnen waren Soldaten und Handwerker, aber auch Exulanten. Als Herkunftsorte werden angegeben: Eger, Karlsbad und Schlaggenwald, Weißensulz und Metzling (alle fünf im Egerland), Hotzenplotz in Sudetenschlesien, Prag, Jungbunzlau (nordöstlich von Prag), Kremsier in Mähren und Graslitz im böhmischen Erzgebirge. Die Tuchmacher Lindner und Zimmermann aus Eger und Schuhmann aus Graslitz erlangen 1661 das Weißenburger Bürgerrecht.

Andererseits ziehen Weißenburger nach Böhmen und Mähren und lassen sich in Prag, Brünn, Theusing und besonders häufig in Eger nieder. Julius SCHMUCK nennt in den Weißenburger Heimatblättern von 1938 Dutzende Personen, die nach Weißenburg zugezogen sind und nach Böhmen und Mähren abgewandert.

Zahlreiche Verbindungen gehen auch von Ellingen, der Residenz der reichen Deutschordens-Ballei Franken, zur Bailei Böhmen. In Freudenthal (Ostsudetenland), das zwischen den beiden Weltkriegen sogar Hochmeisterresidenz war, fand man das Orginal-Entwurfsmode11 des Ellinger Schlosses. Es ist nun im Museum der Stadt Troppau, in der sich eine der ältesten Ordensniederlassungen befand, ausgestellt.

Sehr deutlich zeigen sich die vielfältigen Beziehungen zu den böhmischen Ländern am Beispiel des berühmten Heerführers Erbmarschall Gott- fried Heinrich von Pappenheim. In Treuchtlingen 1594 geboren,heiratet er nach Studium und Reisen die Tochter eines böhmischen Grafen, beginnt als Rittmeister im Heer Tillys, zeichnet sich als Oberst in der Schlacht am Weißen Berge bei Prag aus, die ihm mehr als 20 Wunden und den Namen "Schrammheinz" einträgt. Nach einer steilen Karriere wird er auf Grund seines Mutes und seiner Tapferkeit Feldmarschall und erhält von Kaiser Ferdinand II. drei böhmische Herrschaften, darunter das sudetendeutsche Grulich. Seither führt die Stadt Grulich in ihrem Wappen das Schwert der Reichserbmarschälle. In der Schlacht bei Lützen 1632, in der auch der Schwedenkönig Gustav Adolf den Tod fand, fällt der Pappenheimer, tollkühn in der ersten Reihe kämpfend. Wallenstein ließ ihn nach Prag überführen und im Kloster Strahov auf dem Hradschin beisetzen. Neben ihm ruht auch sein Sohn, der als letzter Pappenheimer der Treuchtlinger Linie 1617 im Duell fällt,


Prag ist auch der Geburtsort des Erfinders der Lithographie Alois Senefelder, der 1771 dort geboren wurde. Sein Denkmal in Solnhofen zeigt, welche Bedeutung seine Erfindung für das Solnhofener Steinbruchgebiet hatte.

Unter Markgraf Siegmund zu Kulmbach (1486-195) hieß es: Das Gebiet der beiden Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth fängt an "zu Eger bei der Mauer und reicht bis an das Kreuz bei Uffenhaim und an das Gesteig ob Eichstätt." [1]

Über dem Eingangstor der Wülzburg weist das linke Wappen des Erbauers wiederum auf die engen geschichtlichen Verflechtungen der Markgrafen von Ansbach mit dem gesamten Deutschen Osten hin.

Dieses Wappen des Markgrafen Georg Friedrich enthält die Wappen von Brandenburg, des Burggrafen von Nürnberg, von Stettin, Pommern, der Wenden,der Cassuben, von Rügen,Preußen, Schlesien. Hohenzollern und nicht zuletzt das Wappen des Herzogtums Jägerndorf in Sudetenschlesien. 1523 hatte Markgraf Georg der Fromme das Herzogtum Jägerndorf erworben. 1527, früher als in der Markgrafschaft Ansbach, führte er die Reformation im Herzogtum ein. 1530 ließ er das herzogliche Schloss in Jägerndorf erbauen,fünf Jahre später Schloss Ratibor in Roth b. Nbg., an dem heute noch zu lesen ist, dass Markgraf Georg, „auch in Schlesien zu Jägerndorf Herzog...,Herr der Fürstenthümer Oppeln und Ratibor," dieses Schloss von den Einkommen der schlesischen Fürstentümer bauen ließ.

Als Georg der Fromme 1543 starb,war sein Nachfolger Georg Friedrich vier Jahre alt. An der Spitze der vormundschaftlichen Regierung stand ab 1555 der Landeshauptmann Wenzel von Füllstein, dessen Geschlecht seit der Mitte des 13. Jahrhunderts nördlich von Jägerndorf ansässig war.

Häufig weilten sowohl Markgraf Georg als auch sein Sohn Georg Friedrich in Jägerndorf, obwohl die Reise von Ansbach nach Jägerndorf damals drei Wochen dauerte. Die Ansbacher Herrscher waren beliebt im Herzogtum Jägerndorf, weil sie ein gerechtes Regiment führten, die Bürger vor Übergriffen schützten und das Gewerbe und das Schulwesen förderten. Ein reger Handel entwickelte sich zwischen Ansbach und Jägerndorf, Beamte und Bedienstete wurden zwischen den beiden Besitzungen ausgetauscht. Mit dem Tode von Markgraf Georg Friedrich erlosch die fränkische Linie der Hohenzollern, und das Herzogtum Jägerndorf fiel 1603 an den Kurfürsten von Brandenburg und 1622 an die Fürsten von Liechtenstein.

Hatte Markgraf Georg 1540 das Kloster Wülzburg säkularisiert, so ließ sein Sohn Georg Friedrich ab 1588 die Wülzburg bauen, die nach dem letzten Kriege vielen Flüchtlingen und Vertriebenen erste Zuflucht war. Fast 10.000 Personen wurden durch das Flüchtlingslager Wülzburg geschleust, überwiegend Sudetendeutsche. Unter den Transporten aus dem Egerland, dem Schönhengstgau, der Kaadener Gegend und anderen war auch ein Transport aus dem Kreise Jägerndorf.

Die vielen geschichtlichen Verbindungen, die sicher hier nur in Teilbereichen dargestellt sind, rissen auch nach dem Ende des alten Reiches nicht ab. Bis 1866 gehörten die österreichischen Kronländer Böhmen, Mähren und Schlesien dem Deutschen Bund an. Wie der Abgeordnete des damaligen Wahlkreises Ellingen, Dr. Wilhelm Stahl, so gehörten auch 50 Abgeordnete aus sudetendeutschen Wahlkreisen der ersten Deutschen Nationalversammlung 1848 in Frankfurt/M. an. Dass der Versuch, in der Frankfurter Paulskirche einen demokratischen, alle Deutschen umfassenden Staat zu schaffen, dann scheiterte, traf die Sudetendeutschen aber ungleich folgengenschwerer. Trotzdem konnten die 20 Jahre tschechischer Herrschaft von 1918-38 über die sudetendeutschen Gebiete die lange gemeinsame Geschichte nicht auslöschen.

„Im Bewusstsein vieler geschicht1icher Gemeinsamkeiten," so die Worte der Patenschaftsurkunde von 1955, übernahm die Stadt Weißenburg die Patenschaft über die vertriebenen Bürger der Stadt Kaaden a. d. Eger. Inzwischen hat sich diese Patenschaft stillschweigend auf die Heimatvertriebenen aus dem ganzen Kreis Kaaden-Duppau ausgedehnt. Sie hat, wie auch die Patenschaften Patenschaften im Landkreis Pappenheim-Buchau und Gunzenhausen Weipert neue lebendige Verbindungen zu den Menschen aus dem Sudetenland geschaffen. Und bei den zahlreichen Heimattreffen können die Landsleute in den geschichtsbewussten Patenstädten sicher noch so manche Gemeinsamkeit entdecken. Andererseits wäre für manchen Einheimischen der Besuch des "Hauses Kaaden" am Martin-Luther-Platz in Weißenburg ebenfalls lohnenswert.

Herbert Müller PATENSTADT ÜBER KAAOEN PATE N STADT OBER BUCHAU

Wcißcnburg Kaaden


Pappcnheim Buchau

Fußnoten

  1. RIEDER, Otto: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt und Reichspflege Weißenburg am Nordgau, bearbeitet von Reiner Kammerl, Band 1, Weißenburg 2002, S. 653, Fußnote