Sudetendeutsche Landsmannschaft, Kreisgruppe Weißenburg
Die sudetendeutsche Volksgruppe umfasste etwa 3,5 Mill. Menschen, die seit Jahrhunderten bis 1945/46 in den Randgebieten Böhmens, Mährens und Sudetenschlesiens lebten. Der Name ist nach dem Gebirge der Sudeten gewählt als Sammelbezeichnung für die in der k.u. k. Monarchie Österreich-Ungarn lebenden Deutschen in den böhmischen Ländern.
Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Sudetendeutschen durch die sog. Beneš-Dekrete kollektiv enteignet und vertrieben, ohne nach Schuld der Einzelnen an irgendwelchen Vergehen oder Verbrechen aus der NS-Zeit zu fragen (Kollektiv- schuld). Demütigungen, Leid und Elend sowie Folter und Morde waren die Folge mit etwa 241.000 Toten.
Als Heimatlose, die nur 50 kg Gepäck mitnehmen durften, wurden sie in Viehwagen gesteckt und über die Grenze abgeschoben. Über eine Million Sudetendeutsche kam nach Bayern. Auf Grund des "Koalitionsverbotes" der Militärregierung konnten sich die Sudetendeutschen erst nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 organisieren. Bei der Ausweisung und Vertreibung wurde bewusst darauf gesehen, die Landsleute zerstreut unterzubringen. Erst später konnte eine Zusammenführung vorgenommen und die Gründung von Industriezentren wie Neugablonz (Kaufbeuren), Traunreut (Oberbayern) oder Bubenreuth bei Erlangen geschaffen werden.
Doch bald entstanden in Bayern die ersten Ortsgruppen der Sudetendeutschen Landsmannschaft als überparteiliche und überkonfessionelle Organisation und Gesinnungsgemeinschaften, w. z. B. die Ackermann-Gemeinde und die Seliger-Gemeinde, und im Adalbert-Stifter-Verein fand sich der Wille, das kulturelle Erbe der Heimat zu wahren und zu pflegen.
In der Charta der deutschen Heimatvertriebenen wurde bereits am 5. August 1950 festgelegt:
1. Wir Heimatvertriebenen verzichten auf Rache und Vergeltung. Dieser Entschluss ist uns ernst und heilig im Gedenken an das unendliche Leid, welches im besonderen das letzte Jahrzehnt über die Menschheit gebracht hat.
2. Wir werden jedes Beginnen mit allen Kräften unterstützen, das auf die Schaffung eines geeinten Europas gerichtet ist, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können.
3. Wir werden durch harte, unermüdliche Arbeit teilnehmen am Wiederaufbau Deutschlands und Europas.
Die grundsätzlichen Zielsetzungen der Sudetendeutschen Landsmannschaft können deshalb in folgenden Punkten zusammengefasst werden:
1. Die Erhaltung der sudetendeutschen Volksgruppe als kulturelle, politische und soziale Gemeinschaft einschließlich des wissenschaftlichen Erbes.
2. Die Ablehnung des Begriffs einer Kollektivschuld (u. a. Abschaffung der Beneš-Dekrete).
3. Der Verzicht auf Rache und Vergeltung.
4. Der Kampf für das Recht auf Selbstbestimmung und auf die angestammte Heimat für alle Völker (auch ohne Benachteiligung der in der alten Heimat wohnhaften Sudetendeutschen).
5. Das Bemühen der Sudetendeutschen um die Verständigung und Versöhnung mit dem historischen Nachbarn, dem tschechischen Volk, sowie eine Neugestaltung Europas.
Die Volksgruppe hat einen wesentlichen Beitrag zum Wiederaufbau der Bundesrepublik Deutschland geleistet trotz des Traumas der vollkommenen Entwurzelung mit dem Verlust der gesamten Habe, dem sozialen Abstieg der meisten und trotz zahlreicher Widerstände bei Einheimischen.
Aufgabe der Sudetendeutschen Landsmannschaft ist es aber auch, das kulturelle Erbe der Vorfahren zu wahren und zu pflegen. Das geschieht in Weißenburg auf vielfältige Art und Weise, z. B. durch Monatsabende mit Vorträgen, Filmen u. dgl., in denen Persönlichkeiten oder Ereignisse aus dem sudetendeutschen Raum näher betrachtet werden, durch die jährliche Sonnwend- oder Nikolofeier, durch eine Singgruppe sowie durch Veröffentlichungen. Die letzte trug den Titel: DENK MAL – Gedenkstätten und Gebäude im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen mit Bezug zur Heimat der Deutschen im Osten und deren Vertreibung 1945/46
Vom ersten Präsidenten der Tschechoslowakischen Republik, T. G. Masaryk, stammt die Aussage:
Das Recht eines Volkes unterliegt keiner Verjährung, solange das Volk um sein Recht kämpft.
Mitglieder der Kreisgruppe Weißenburg der Sudetendeutschen Landsmannschaft, die im öffentlichen Leben eine besondere Stellung einnehmen bzw. eingenommen haben:
Barnert Karl, *Hennersdorf, Fabrikant, Weißenburg
Beckert Franz, *Saaz, Reg. Bez. Eger; Schlossermeister, ehem. Stadtrat und Ortsobmann der SL Treuchtlingen
Beier Ulf, *Eger, Studienrat, Kulturreferent der SL Weißenburg, Verfasser des Weißenburger Straßennamen- und Flurnamenbuches und zahlreicher erdkundlicher, ostkundlicher und namenkundlicher Arbeiten
Bock Siegbert, *Haltschitz, Finanzbeamter, ehem. Stadtrat, Bezirksobmann der SL Weißenburg
Demel Emanuel, *Troppau/Sudetenschlesien, Rektor, ehem. Stadtrat, Kreisobmann der SL Weißenburg
Demel Gerold, *Waldeck/Sudetenschlesien, Justizamtsrat, ehem. Stadtrat, 3. Bürgermeister und Ortsobmann der SL Weißenburg
Dr. Eigler Franz, *Bärringen/Erzgeb., Oberamtsrichter, Weißenburg
Dr. Dr. Eigler Friedrich, *Falkenau im Egerland, Studiendirektor, Weißenburg, Dozent an der Universität Eichstätt, zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen
Faber Josef, *Eger, ehem. Stadtrat, Weißenburg
Faber Rosa, *Eger, ehem. Stadträtin, Weißenburg
Feix Arnold, *Petersdorf/Sudetenschlesien; Maschinenbauingenieur, Weißenburg, Vorsitzender des Imkervereins, vielfältig in der kath. Pfarrgemeinde Weißenburg engagiert
Fraß Franz, *Weipert im Erzgebirge, Bauleiter, Stadtrat, Weißenburg
Graf Otto, *Hohenelbe am Riesengebirge, Kaufmann, Stadtrat, Treuchtlingen
Güntner Karl, *Eger, Kaufmann, Gründungsmitglied und ehem. Ortsobmann der SL Weißenburg, langjähriger Vorsteher der Egerländer Gmoi z’Weißenburg
Hatlapatka, Hedwig, *Pürles, Kr. Luditz, langjährige Ortsvorsitzende der SL Treuchtlingen; Vorstandsmitglied im Trachtenverein Treuchtlingen
Hochmuth Adolf, *Hochofen/Neudek im Erzgeb., Studiendirektor, Treuchtlingen; über 30 Jahre in der kirchlichen und staatlichen Erwachsenenbildung tätig, Verfasser eines philosophischen Taschenbuches; seit 1995 Mitarbeiter im deutsch-tschechischen Versöhnungswerk
Hurych Friedrich, *Saaz, ehem. Schulamtsdirektor, Weißenburg
Kaiser Ernst, *Kaaden a. d. Eger, ehem. Heimatkreisbetreuer Kaaden, Weißenburg; Träger des Bundesverdienstkreuzes
Köhler Karl Franz, *Landskron/Schönhengstgau, ehem. Studiendirektor an der Berufsschule Weißenburg
Dr. Lehovec Otto, *Ladowitz, Nordwestböhmen, ehem. Oberstudiendirektor am Gymnasium in Weißenburg, Verfasser zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten
Lidl Josef, *Mährisch Trübau/Schönhengstgau, ehem. Gymnasialprofessor, Weißenburg, Musiklehrer und Grafiker; langjähriger Leiter des Weißenburger Kammerorchesters, Gründer des Volkskundemuseums in Treuchtlingen und des Schönhengster Museums in Göppingen,
Liebl Franz, *Heiligenkreuz im südlichen Egerland, ehem. Studienrat a. d. Realschule Weißenburg, Schriftsteller, PEN-Mitglied, Kulturreferent der SL Weißenburg
Lössl Franz sen., *Elbogen/Eger, Holzhändler, langjähriger Vorsteher der Egerländer Gmoi, Weißenburg
Lössl Franz jun., *Elbogen, Holzhändler, langjähriger 2. Vorsitzender der SL-Ortsgruppe Weißenburg
Lohwasser Josef, *Donawitz b. Karlsbad, ehem. Oberlehrer, Weißenburg
Ludwig, Arnold, *Seifersdorf/Sudetenschlesien; selbstständiger Fachmann für Fußbodensysteme, Weißenburg
Meier Helmut, *Dt. Wernersdorf in den Sudeten, ehem. Oberstudiendirektor an der Fachoberschule Weißenburg
Müller Herbert, *Röwersdorf/Sudetenschlesien, Schuhkaufmann, BdV-Bezirksobmann, SL-Kreisobmann, ehem. Vorsitzender des Finanzausschusses der SL-Bundesversammlung; Weißenburg
Nachtmann Josef, *Komotau/Nordwestböhmen, Rechtsanwalt, 1. Bürgermeister a. D., Pappenheim
Navratil Hans, *Mährisch Trübau/Schönhengstgau, Fotograf, Stadtarchivar in Pappenheim, mehrere heimatkundliche Veröffentlichungen; Ko-Obmann der SL Pappenheim
Nietsch Friedrich, *Jägerndorf/Sudetenschlesien, BB-Beamter, ehem. Stadtrat u. 2. Bürgermeister, Treuchtlingen
Nowotny Franz J., *Braunau/Nordostböhmen; Dipl. Ing. Univ., ehem. Prof. f. Tierzucht, Treuchtlingen
Nowotny Roswitha, *Katharein b. Troppau/Sudetenschlesien; ehem. Landesfrauenreferentin der SL und Vizepräsidentin im Frauenverband des Bundes der Vertriebenen; Weißenburg
Päckert Alfred, *Reischdorf/Erzgebige, Kaufmann; langjähriger Ortsobmann der SL Pappenheim
Piller Alois, *Reichenberg, Friseurmeister, langjähriger Ortsobmann der SL Weißenburg
Reichl Georg, *Gossau, Kr. Tachau im Egerland, Fachoberlehrer; 1 Vorsitzender des VdK Ortsverbandes Schambach; Dettenheim
Rieß Franz, *Weipert/Erzgeb.; Schriftsetzer, ehem. Stadtrat, Weißenburg
Scharf Gerhard, *Weipert im Erzgebirge; DB-Dipl.-Verwaltungsbetriebswirt; Vorsitzender des Heimatausschusses Weipert; Weißenburg
Scharinger Hans, *Iglau/Mähren, BB-Beamter, ehem. Stadtrat, Weißenburg
Schimek Karl, Verw.Angest., langjähriger Schriftführer der Kreis- und Ortsgruppe der SL Weißenburg
Schindler Anton, *Pappenheim, Eltern aus Waltsch, Reg.Bez. Eger; Unternehmer, ehem. Stadtrat, Pappenheim
Schmidt Gerhard, *Stolzenhain/Erzgebirge, Dipl. Ing. (FH), Stadtrat von 1972-1984; Ortsobmann der SL Weißenburg; 1. Vorsitzender des Kleingartenvereins Weißenburg und im Vorstand des Sängerkreises Weißenburg
Schwab Anton, *Eger, Rektor, ehem. Stadtrat, Kulturreferent der SL Weißenburg
Schwamberger Erwald, *Grütschau im Böhmerwald, Konrektor a. D. an der Förderschule, Weißenburg
Dr. Schwamberger Reiner, *Mischelbach/WUG, Zahnarzt, Weißenburg
Siegl Thomas, *Hengstererben/Erzgebirge, ehem. Gemeinderat, Dettenheim
Sperlich Edith, *Reichenberg, Oberlehrerin a. D., Treuchtlingen
Spitschka Alois, *Wladarz/Nordwestböhmen; letzter deutscher Bürgermeister von Luditz/Egerland; Fabrikant, Vorstandsmitglied im Verband der heimatvertriebenen und mitteldeutschen Wirtschaft in Bayern, Weißenburg
Spitschka Herta, *Luditz im Egerland, ehem. Fachoberlehrerin, Weißenburg
Dr. Spitschka Horst, *Podersam im Egerland, Studiendirektor an der Fachoberschule Weißenburg; Verfasser zahlreicher Lehrbücher und wissenschaftlicher Arbeiten; langjähriges Engagement in der Volkshochschule Weißenburg (zuletzt 2001 - 2004 2. Vorsitzender, danach bis Mai 2010 Beisitzer im Vorstand); einer der Pioniere des Einsatzes von PCs in der EDV; Ellingen
Stiepak Ernestine, *Brünn, Fachoberlehrerin, stv. Kulturreferentin der SL Weißenburg
Stiepak Otto, *Zwittau in Mähren, ehem. Oberstudiendirektor der Berufsschule Weißenburg, Kreisrat, Stadtrat und 2. Bürgermeister von Weißenburg
Süß Wilhelm, *Hradzen, Kr. Mies; Bankdirektor a. D., Ko-Obmann der SL Pappenheim
Dr. Weiß Julius, *Troppau, ehem. Stadtamtmann, Weißenburg
Würl Ernst, *Kaaden a. d. Eger, technischer Angestellter; Organist in Hl. Kreuz Weißenburg, Mitglied der Weißenburger Saitenmusik; Höttingen; 2. Vorsitzender der SL Weißenburg
Zöllner Brunhilde, *Röwersdorf in Sudetenschlesien, ehem. Handarbeitslehrerin, Weißenburg
Zörkler Johann, *Weipert im Erzgebirge, ehem. Realschuldirektor in Treuchtlingen, Kreiskulturreferent der SL; Mitinitiator der Sudetendeutschen Heimatstuben im Treuchtlinger Volkskundemuseum
Diese Aufzählung stellt keine Wertung dar und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Quellen:
DEMEL, Gerold u. a.: 50 Jahre Sudetendeutsche Landsmannschaft, Kreisgruppe Weißenburg, Weißenburg 1999
BADENHEUER, Konrad: Die Sudetendeutschen - eine Volksgruppe in Europa; München 2007. Katalog zur Wanderausstellung, die, gefördert durch die Bundesrepublik Deutschland und den Freistaat Bayern, 2008 auch in Weißenburg gezeigt wurde.
HABEL, Fritz Peter: Dokumente zur Sudetenfrage; Sudetendeutsches Archiv München 1984