Benutzer:Ubeier

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über mich

Jahrgang 1941, in Weißenburg seit 1971; verheiratet, zwei Söhne, vier Enkel

im Ruhestand, vorher Studienrat an der Realschule Weißenburg


bereits bearbeitete Themen

Altmühl, Brombachsee, Igelsbachsee, Hahnenkammsee, Schwäbische Rezat, J.Lidl, Fr. Liebl, Dr. Otto "Leo", E.Model, Ergänzung Dettenheim u. R. Nebel, Friedrich-Ebert-Str., J.Schieder, G.Demel, Anlauter, 5 Artikel v.H. Spitschka, Rennweg, SL WUG, Wohnstättennamen, Wülzbg.-Gedenkst., Heimatbücherverz., Bahnhofstr., Karl IV., Landschaftsbild, 4 Artikel Mundart (Mertens), 3 Artikel über die Schambach, HNavratil, StHedwigMB, Erzgeb.stub. GUN, OBSchwirzer, Hist. Stammtisch, Exulantennamen (40), WUG-SEB, OStiepak, RainMesserer, Papp.Ehrenbg., Ergänzg. Wßbg.Bgm., 5 Zeitzeugenberichte (50), AlBinkert, JohMertens, TreuchtlMöhrenb., EBW, StrN m. Bez. zu Vertreibg., Schulzentrum, Stichvillapark, E.-Schulhoff-Str., Einwohnerzahlen aktualisiert ab 1960, Patensch. (60), 2x RSWUG, AHochmuth, MWenz, RJoppien, Wßbg. FlN 1-4, JZörkler (70), Gesch. Bez. WUG-Sudeten, Europ. Hauptwasserscheide (3)

Der Verlauf

Europäische Hauptwasserscheide - Verlauf im Landkreis WUG; Abschnitt: Schlossberg bis Oberhochstatt

ULF BEIER

Dass Wasserscheiden über Bergkuppen führen, ist nichts Besonderes, dass sie aber im Tal verlaufen, h i n t e r Berghügeln liegen oder dass sogar Häuser genau auf der Wasserscheide stehen, ist selten. Da diese Phänomene im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen wiederholt anzutreffen sind, soll in der nachfolgenden Betrachtung der Verlauf der Europäischen Hauptwasserscheide zwischen dem Einzugsgebiet des Schwarzen und Mittelmeers einerseits und dem Atlantik mit seinen Nebenmeeren Nord- und Ostsee andererseits in dieser südmittelfränkischen Gegend näher verfolgt werden und die Entstehungsgeschichte hinterfragt.

Der Verlauf der Europäischen Hauptwasserscheide macht in Europa viele Windungen und enthält auch zahlreiche Knicke und spitze Kurven. In M i t t e l e u r o p a hat diese Wasserscheide ihren nördlichsten Punkt am Ochsenkopf im Fichtelgebirge mit der Quelle der Fichtelnaab. Der südöstlichste Bereich in Mitteleuropa liegt im äußersten Südböhmen am Moldauknie und ragt noch etwas ins oberösterreichische Mühlviertel hinein. Der südlichwestlichste Punkt ist der Rheinursprung am St. Gotthard in der Schweiz. Der südlichste Punkt der rhenanisch-danubischen Wasserscheide liegt in Bayern im Raum Treuchtlingen. Und ausgerechnet hier handelt es sich um das seltene Phänomen einer Talwasserscheide, worauf im dritten Abschnitt noch einzugehen sein wird.

Verlauf der Europäischen Hauptwasserscheide im Landkreis

Die Höhen der Fränkischen Alb bilden die Wasserscheide zwischen dem Einzugsgebiet der Naab und ihrer Zuflüsse im Osten und der Mainnebenflüsse im Westen. Erstere entwässert bekanntlich zur Donau. Komplizierter sind die Verhältnisse im Westen der Alb. Zunächst verwirrt die Benennung. Die südlich von Weißenburg oberhalb des Dorfes Dettenheim entspringende Schwäbische Rezat[1] fließt nach Norden. Sie vereinigt sich bei Georgensgmünd mit der Fränkischen Rezat, die von der Frankenhöhe kommt und an der Ansbach liegt, und heißt ab da Rednitz. In Fürth nimmt diese die aus Osten kommende Pegnitz auf und von ihr das ”g” in der Wortmitte und nennt sich jetzt Regnitz, bis sie in Bischberg (231m NN) nördlich von Bamberg in den Main fließt.

Der Artikel ist in drei Abschnitte gegliedert:

1. Schlossberg bis Oberhochstatt

2. Oberhochstatt bis Karlsgraben

3. Karlsgraben bis Kalbensteinberg


Wir beginnen unsere Beobachtungen am Schlossberg, dessen 607 m hohe Kuppe noch im Landkreis Roth liegt.

Blick auf den Schlossberg von Süden

Seine südlichen Ausläufer bilden die Grenze zum Landkreis Weißenburg – Gunzenhausen (WUG). Dieser Berg beherrscht nicht nur weithin das Land und ist ganz altes Siedlungsgebiet, sondern hier ändert sich für das geschulte Auge das Landschaftsbild wesentlich: Um Heideck herrschen noch die Kiefernwälder auf den sandigen Keuperböden vor. Der mit Mischwald bedeckte Schlossberg aber ist schon ein Zeugenberg der Fränkischen Alb, d. h. er war ursprünglich mit dieser verbunden. [[

Die geologische Karte (Nr. 6832 Heideck) lässt erkennen, dass die oberste Schicht dem Braunjura angehört. Durch Erosion wurde er von der Albhochfläche abgetrennt. Die hier im Osten entspringende Thalach entwässert zur Schwarzach hin, an der Greding liegt, die wiederum als Nebenfluss der Altmühl ihr Wasser zur Donau führt. Am Südausläufer des Schlossberges aber entspringt der Felchbach, der bei Ellingen in die Schwäbische Rezat mündet. Somit ist der Schlossberg auf unserer Wanderung der erste markante Punkt der Europäischen Hauptwasserscheide, die zwischen der Autobahn A 9 bei Offenbau bis hierher ziemlich genau in Ost-West-Richtung verläuft und an diesem Berg einen scharfen Knick nach Süden macht.

Die Auffaltungen im Tertiär (vor ungefähr 60 Mill. Jahren) brachten u. a. die Ausprägung des Schwäbisch-fränkischen Schichtstufenlandes mit sich, was zum einen das leichte Abfallen der Gesteinsschichten Richtung Osten bzw. Südosten zur Folge hat, andererseits den westlichen Steilabfall eben hier des Fränkischen Jura bedingt.

Der nebenstehende Querschnitt durch die Keuper- und Juraschichten im Landkreis (nach Walter König: Geologie Altmühlfrankens, S. 15 u. 19) vermittelt einen Einblick in die Schichtung der einzelnen Sedimentgesteine, die im Betrachtungsgebiet kaum nennenswert durch Verwerfungen gestört sind.

Querschnitt durch den Steilabfall des Fränkischen Jura

So ergibt sich, dass der Verlauf der Wasserscheide ziemlich nahe dieser Geländekante folgt und die höchsten Erhebungen – im Gegensatz zur nördlichen Frankenalb – unmittelbar am Albtrauf liegen (z. B. Wülzburg 630 m). Im konkreten Fall ist das die nördlichste Spitze des Jura im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen oberhalb des Dorfes Reuth unter Neuhaus. Neuhaus ist der Name einer verschwundenen Burg, die erstmals im 14. Jahrhundert erwähnt wird. Heute sind nur noch der tiefe Halsgraben zu erkennen, der den 530 m hohen Bergsporn vom Jura trennt, und der ausgegrabene Grund eines alten Fundaments unter Buchen. Der übrige Bergsporn, an dem keine Gebäudereste feststellbar sind, ist von Fichten bestanden. Man vermutet, dass der Zugang zur Burg von der Höhe her war[2]. Im Mischwald am Steilabfall befinden sich ausnehmend viele Quellen über der Dogger-Alpha-Schicht. An dieser wasserundurchunlässigen Opalinustonschicht treten die in der darüber liegenden Dogger-Beta-Schicht, dem Eisensandstein, versickernden Oberflächenwasser zu Tage, die alle nach Westen und damit zum Main entwässern. Dieses Phänomen wiederholt sich auch weiter südlich bei Ettenstatt unterhalb von Kaltenbuch. Am unteren Berghang liegt der sumpfige Märzenbecherwald. Ende März, Anfang April blühen hier Tausende von großblumigen Frühlingsknotenblumen (Leucojum vernum) und bilden einen Teppich zwischen den noch nicht belaubten Buchen. Dieses Naturschutzgebiet ist dann ein beliebtes Ausflugsziel.

Die rötliche Farbe der Felder auf der Alb in der Gegend um Bergen rührt von deren Eisengehalt her. Im Mittelalter wurde hier tatsächlich auch Brauneisenstein als Bohnerz abgebaut. Auch schon auf der Nordseite des Schlossberges fallen die Steilhänge und Terrassierungen auf, die auf menschliche Einwirkungen rückschließen lassen, nämlich den Eisenerzabbau bis in die frühe Neuzeit.

Wir befinden uns auf der Flächenalb, die durch sanfte Hügel, einzelne bewaldete Kuppen, vor allem aber durch weite landwirtschaftlich genutzte Flächen charakterisiert wird, und kommen nach Geyern. Das Dorf mit seinem noch bewohnten Schloss neben der Kirche liegt am Jurawesthang genau auf der Wasserscheide. Im oberen Dorf fällt uns das stattliche Haus mit dem abgewalmten Giebel auf, das in den 1990er Jahren renoviert wurde (Bergener Straße Nr.4). Es steht - wie jetzt noch die Scheune - genau auf der Wasserscheide, was zur Folge hatte, dass bis zur Renovierung der Dachrinnen 1996 das Wasser der Südseite den steilen Berg hinunterlief und damit zur Nordsee, während die Nordseite Richtung Osten entwässerte zur in unmittelbarer Nähe liegenden Quelle der Anlauter, die hier als Wiesenbach entspringt, ehe sie sich allmählich eingräbt und in einem ähnlich schönen Erosionstal wie dem der Altmühl in diese bei Kinding mündet.#

Geyern, Haus auf der Wasserscheide

Diese Quelle bildet aber schon die große Ausnahme im gesamten Untersuchungsgebiet, denn unmittelbar hinter Geyern (oberes Dorf 550 m) ändert sich die Geologie abermals. Geht man in südwestliche Richtung den Berg hinauf nach Kaltenbuch (etwa 600 m), kommt man in das Gelände mit Weißjura, wie die Verkarstungserscheinungen am Albrand (u. a. Schwammkalke) unschwer erkennen lassen. – Das Augenfälligste sind zweifelsohne die zahlreichen Kalkscherbenäcker, Felder mit herausgepflügten bzw. -gewaschenen Weißjurasteinen, die ein Grund sind, weshalb die Gegend zu den dünnbesiedelten in Deutschland gehört (Einwohnerdichte Gesamtlandkreis WUG: 95 E./km2, Bundesrep. Deutschland: 224 E./km2). Das zweite Kennzeichen ist die Wasserarmut. Selbst in regenreichen Monaten bildeten sich auf der Albhochfläche keine Oberflächenfließgewässer. Wo wir Alblehmüberdeckung finden, staut sich das Wasser in großen Pfützen oder Lachen auf den Feldern, ansonsten versickert sowohl im Gebiet des Braunjura-Sandsteins als auch des Jurakalks das Wasser sehr schnell, so dass in dem Dreieck Kaltenbuch (N) – Reuth am Wald (O) – Haardt (SW) die Wasserscheide oberflächlich nicht zu definieren ist. Es fehlt jede Art von Fließgewässer.

Wasser für die Tiere und Brauchwasser wurde in sogenannten Hüllen gesammelt. Das waren Dorfweiher, die mit Lehm ausgekleidet wurden, um möglichst wenig Wasser versickern zu lassen. Sie waren günstig angelegt, damit bei starken Regengüssen auch das Straßenwasser hineinfloss. Auch waren Zisternen für das Regen- und Schmelzwasser von den Gebäudedächern vorhanden. Diese Gruben waren 3 bis 4 m tief, ebenfalls mit Lehm verputzt und gegen Verschmutzung abgedeckt. Leider waren durch zahlreiche Tiere (angefangen von den Tauben am Dach bis hin zu Ratten und Würmern im Wasser) die meisten Zisternen als Trinkwasser ungeeignet. So musste dieses z. T. in tiefen Brunnen zutage gebracht werden. In Burgsalach z. B. war dieser 12 m tief. Als Schöpfbrunnen angelegt, mussten die Eimer, die an einer Kette hingen, von Menschenhand heraufgezogen werden. In trockenen Sommern, z. B. 1883, 1911, 1926 oder 1947 versiegten die Brunnen und es musste von weit her Wasser in Odelfässern geholt werden.[3]

Im Zuge der zentralen Wasserversorgung für diese Orte (1951 Gründung des Zweckverbandes ”Burgsalacher Jurawasserversorgung”; in drei Bauabschnitten wurden 1953 die Orte Burgsalach, Raitenbuch, Reuth am Wald und Kesselberg angeschlossen, 1956 Oberhochstatt, Indernbuch und Pfraunfeld, 1955 Bergen und Nennslingen, 1956 Bechthal, Biburg, Gersdorf, Geyern, Kehl, Stadelhofen ,Titting und Wengen als Quelle 4) wurden zahlreiche Bohrungen eingebracht, die Rückschlüsse über die Mächtigkeit der einzelnen Gesteinsschichten am Ort der Bohrung zulassen. Sie bestätigen die Südostneigung der Schichten. Eine Gesamtstratifikation (Beschreibung der Gesteinsschichten in ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge und Mächtigkeit) für diesen Raum ist jedoch noch nicht veröffentlicht.

Auf einige Erscheinungen am Albrand sollte jedoch aufmerksam gemacht werden.

1. In Kaltenbuch finden wir in Richtung Rohrbach linker Hand ganz oben die Trockenrasenflächen des wasserdurchlässigen Weißjuras, der nur noch für Schafweiden ausreichend ist. Andererseits aber haben wir stellenweise alpine Flora mit Frühlingsfingerkraut (Potentilla tabernaemontani), den rosaroten Pfingst- oder Bergnelken (Dianthus casius), die in der Mundart Felsennägele heißen, und finden im Herbst Silberdisteln (Carlina acaulis).

2.

Steinerne Rinne bei Rohrbach

Kurz hinter Rohrbach erwartet uns einer der Höhepunkte der Wanderung: die Steinerne Rinne. Normalerweise graben sich Bäche und Flüsse in das Gestein ein. In diesem Falle aber erodiert das Wasser nicht, sondern das Bachbett wächst nach oben. Die Quelle dieses Bächleins entspringt über dem Ornatenton in einer Quellnische des unteren Weißjura. Es verlässt diese nach etwa 20 m und fließt dann ungefähr 100 m auf einem Tuffdamm, der Steinernen Rinne, hangabwärts. Sehr hartes, bikarbonhaltiges Wasser fällt Kalk aus, wenn es an der Erdoberfläche CO2 verliert. Je höher die Fließgeschwindigkeit, desto höher die Kalkausfällung, weil dabei die Mischung des Wassers mit der Luft der Atmosphäre besonders stark ist. Neben dieser anorganischen Entstehung des Tuffs ist die Mitwirkung der Pflanzen (phytogene Kalkfällung) besonders bedeutsam. Sie vergrößern die Oberfläche, an der das Wasser mit der Luft in Berührung kommt, entziehen ihm CO2 zur eigenen Assimilierung und spalten Bikarbonat, um CO2 zu gewinnen. Manche Pflanzen wie Moose (Bryophyten) und Algen wachsen über die Wasseroberfläche. Hier kann aus Spritzwasser Kalk gefällt werden, und der Tuff kann über die ständige Wasseroberfläche hinauswachsen, da gerade am Rande des Bächleins die günstigeren Lebensbedingungen für die Pflanzen herrschen, weil sie nicht durch das Wasser fortgespült werden. So kommt es zu einer stärkeren Tuffbildung an beiden Seiten und somit zur Dammbildung und dem Wachstum von 1 cm (bis 2 cm) im Jahr.[4] Durch zahlreiche Faktoren kann allerdings der Zuwachs sehr unterschiedlich sein. Nicht zuletzt können mechanische Einflüsse, z. B. hineinfallende Äste bei Windbruch oder menschliche Unvernunft, das Wachsen erheblich stören.


Oberhalb der Quelle sind einzelne Sinterterrassen zu erkennen, ehe man durch das Rothschlucht genannte Kerbtal wieder die Albhochfläche erreicht. Dabei sollten wir uns bewusst werden, dass durch dieses Tal, das heute auch die Straße benutzt, schon der römische Limes verlief. An ihn erinnert am oberen Waldrand noch der steinige Wall mit seinen Feldgehölzen. Sein geradliniger Verlauf Richtung Burgsalach ist sehr gut zu erkennen und wurde absichtlich als Flurdenkmal bei der Flurbereinigung erhalten. Er bildet hier auch die Gemarkungsgrenze des Weißenburger Ortsteils Oberhochstatt.


Das Rohrbachtal östlich von Weißenburg ist für den kleinen Bach, der am Nordrand von Oberhochstatt erst entspringt, offensichtlich um eine Nummer zu groß geraten. Mit eigener Kraft hätte er dieses Tal in seiner jetzigen Form nie erodieren können. Es ist vermutlich im Pleistozän, also während der letzten Eiszeiten, in Mitteleuropa entstanden. Bekanntlich war zwar diese Gegend nie vergletschert, aber es herrschten Klimabedingungen, die mit dem heutigen Nordsibirien oder Spitzbergen verglichen werden können. So waren weite Gebiete auch nur von einer äußerst spärlichen Vegetation bedeckt, die baumlos, tundraähnlich war. Damit hatten Wind und Wasser ein verhältnismäßig leichtes Spiel, die Permafrostböden, die nur oberflächlich auftauten, ins Rutschen zu bringen. Über dem Dauerfrostboden tauten im Sommer die darüber liegenden Schichten auf , wurden mit Wasser durchtränkt und gerieten – gemäß den Gesetzen der Schwerkraft - ins Rutschen. Ist erst einmal die obere harte Weißjuraschicht durch Frost gesprengt, kann in der darunter liegenden Braunjura-Sandsteinschicht der Prozess des Bodenflusses – der Solifluktion - umso wirksamer werden, was zur Aushobelung dieses Tales im Periglazial, also der Randzone der vergletscherten Gebiete, führte. Das stärkere Gefälle hin zur Rezatfurche aber beschleunigte die rückschreitende Erosion. Die Quelle der Anlauter liegt zwar etwa auf gleicher Höhe, aber wegen ihres geringen Gefälles in Richtung Altmühl - Donau im Untersuchungsgebiet konnte sie nur bescheidene Erosionskräfte entwickeln. Geologische Forschungen über das Rohrbachtal liegen bisher nicht vor, denn es fehlt an nennenswerten Aufschlüssen, was wegen fehlenden Bodenschätze und nicht vorhandener größerer Verkehrswege nicht weiter verwunderlich ist. Dafür sei auf zwei geschichtliche Aspekte hingewiesen: Zum einen durchzog die ”Nibelungenstraße” als uralte Handelsstraße vom Oberrhein nach Regensburg dieses Tal und überwand den Steilanstieg zum Jura bei Niederhofen. Zum anderen ist im äußeren Tal am Nordhang des Rohrberges im Bereich der Gemarkung Weißenburg noch die mittelalterliche Flurzersplitterung mit ihren winzigen terrassierten Parzellen deutlich erkennbar.

Das eigentliche Phänomen des Rohrbaches aber ist es, dass er in etwa parallel zum nördlich von ihm fließenden Felchbach und zur südlich davon fließenden Schambach verläuft, aber Felchbach und Rohrbach münden in spitzen Winkeln in die Schwäbische Rezat und entwässern somit nach Norden, die Schambach aber in die Altmühl und damit ins danubische Fluss-System. Der Grund liegt in der Flussumkehr des Mains, wie im Abschnitt 2 zu zeigen sein wird.

Oberhochstatt liegt wie Geyern und Kaltenbuch genau auf der Wasserscheide. Die obere Dorfstraße bildet hier in etwa die Grenze. Sie zieht als Staatsstraße 2228 am südlichen Ortsausgang nach Westen Richtung Wülzburg und bleibt bis zum Eintritt in den Wald auch die ungefähre Wasserscheide.

Fußnoten

  1. Benennung Schwäbische Rezat nach dem ehem. Schwäbischen Kreis, zu dem dieser Teil des heutigen Mittelfrankens gehörte, im Ggs. zur Fränkischen Rezat
  2. HARTMANN, W., ASSMANN, H.: Reuth unter Neuhaus – Chronik und Hofbuch, Reuth u. N. 1983, S. 3
  3. TREIBER, Karl: Chronik Burgsalach, Indernbuch, Pfraunfeld; Treuchtlingen 1995, S. 110 ff
  4. Faltblatt, Text: Bieswanger, Horst: Märzenbecherwald und Steinerne Rinne, Weißenburg, o.J.

Haardt

Die Wasserscheide zwischen Oberhochstatt und Karlsgraben

Durch den Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen verläuft die Europäische Hauptwasserscheide zwischen dem Einzugsgbiet vom Rhein einerseits und der Donau andererseits. Als erster Teilbereich wurde der Abschnitt zwischen dem Schlossberg und Oberhochstatt beschrieben. In diesem Bereich verlief die Wasserscheide immer verhältnismäßig nahe am Steilabfall des Juras. Das ist nicht weiter verwunderlich. Wie bereits ausgeführt, sind die Gesteinsschichten der südlichen Frankenalb nach Osten bzw. Südosten um etwa 3° geneigt, so dass sich Geländekante und Wasserscheide hier treffen. Die nebenstehende Karte zeigt, dass nun als zweiter der südlichste Abschnitt näher untersucht werden soll. Ab jetzt verlassen wir den Albtrauf.

Oberhochstatt liegt noch genau auf der Wasserscheide. Die obere Dorfstraße zieht als Staatsstraße 2228 am südlichen Ortsausgang nach Westen Richtung Wülzburg und bleibt bis zum Eintritt in den Wald auch die ungefähre Wasserscheide. Dann aber verläuft diese nach einigen Windungen über den Laubbichel (636 m), den Eichelberg (615 m) und den Ludwigswald genau durch den Ort Haardt, wobei hier auch das einzige Mal Reste von Kreideüberdeckung berührt werden, die in Form von Alblehm auftreten.

Steinriegelquelle

Wegen der genannten Neigung der Gesteinsschichten um 3o nach Osten bzw.Südosten folgt, dass die Quellen auf der Westseite eine deutlich geringere Schüttung haben als auf der Süd- und Ostseite. Ein klassisches Beispiel dafür ist die Steinriegelquelle in Suffersheim. Sie entspringt in 462 m am nördlichen Talrand des Schambachtales aus den Werkkalken und gehört damit zum tiefen Karst. Das bedeutet, der wichtigste Stauer des Kalkwassers, der Ornatenton, liegt unter dem Talniveau[1]. Die Quelle tritt mit ungewöhnlicher Stärke als Überlauf-Karstquelle etwa 70 m unter der Albhochfläche hervor und hat zusammen mit weiteren Quellen im Bereich Suffersheim eine Schüttung von etwa 70 l/sec, was auf den riesigen Einzugsbereich von etwa 30 – 40 km2, der nördlich des Schambachtales liegt, zurückzuführen ist. Seit Menschen Gedenken ist dieses Wasser nicht versiegt. Das machte die erste technische Überleitung von danubischem Wasser in das Rezatgebiet im 20. Jahrhundert möglich: Seit 1906 leitete ein 12,5 km langer Stollen in natürlichem Gefälle 10 l/sec unter der Europäischen Hauptwasserscheide hindurch in den Hochbehälter in der Schönau oberhalb von Weißenburg und deckte damit knapp 100 Jahre fast ein Drittel des gesamten Wasserbedarfs der Stadt (ohne Ortsteile)[2]. Wegen der Belastung u. a. mit Resten der Bodendüngung durch die Landwirtschaft wird seit 2001 das Wasser jedoch von der Stadt Weißenburg nicht mehr verwendet. Einen weiteren Teil des Wassers entnahm die Stadt Treuchtlingen, wie an den beiden Wappen der Quellfassung zu erkennen ist. So wurden u. a. die Dampflokomotiven mit Wasser aus der Steinriegelquelle befüllt. Diese ist so kräftig, dass ihr Wasser bereits nach rund 50 m oberirdischen Laufs das Mühlrad der Suffersheimer Dorfmühle in Bewegung setzen konnte. So war Suffersheim dank dieses kräftig sprudelnden Baches eines der wenigen Juradörfer ohne Feuerlöschweiher. Oberhalb des Ortes ist das Laubental ein typisches Trockental der Fränkischen Alb mit einem kümmerlichen sommerlichen Bachstumpf, aber mit stark sprudelnden Karstquellen bei heftigen Niederschlägen oder lang anhaltender Feuchtigkeit. Es ist jedoch hier kein Raum, auf diese Erscheinung näher einzugehen.

Vielmehr soll der zweite Schwerpunkt der Betrachtung der Talwasserscheide bei Graben, nördlich von Treuchtlingen, gewidmet sein, die wir erreichen, wenn wir die Albhochfläche südlich von Dettenheim verlassen und uns auf den Nagelberg zu bewegen, einem geologischen Zeugenberg. Er ist wie der Schlossberg bei Heideck dem heutigen Steilabfall der Alb vorgelagert und durch Abtragung durch einen Urzeitfluss (man spricht von fluviatiler Erosion) entstanden. Hier am südlichsten Punkt der Europäischen Hauptwasserscheide in Bayern haben zwei geologische Erscheinungen den heutigen Zustand geprägt: die Hebung der Alb im Tertiär (vor 60 Mill. Jahren)und der Einschlag des Riesmeteoriten. Beide Vorgänge sind in der wissenschaftlichen Literatur ausführlich beschrieben[3], weshalb hier deren Skizzierung ausreichen soll.

Bis vor knapp 15 Millionen Jahren entwässerte ein aus Norden kommender Fluss, ein Ur-Main, über die Treuchtlinger Pforte durch die verkarstete Weißjuraplatte der südlichen Frankenalb direkt nach Süden. Dabei wurde der Nagelberg von der Alb durch Erosion abgetrennt. In der Gegend des heutigen Donauwörth stießen seine Wasser mit nördlich und östlich fließenden zusammen, die als Vorläufer der heutigen Donau anzusehen sind.

Vor 14,8 Millionen Jahren schlug jedoch ein riesiger Meteorit ins Nördlinger Ries und blockierte damit den Abfluss nach Süden, so dass sich ein gewaltiger Stausee bildete. Er dürfte bis in die Gegend von Nürnberg - Erlangen gereicht haben, wie die typischen Süßwasserkalkablagerungen im gesamten Bereich beweisen. Die allmähliche Auffüllung des Sees geschah aber mehr durch eingespülte Lehme und Sande, die auch den schwierigen Untergrund des Karlsgrabens bilden.

Im Pliozän, vor etwa 5 Millionen Jahren, begannen sich Ur-Main und Ur-Donau durch Erosion in die Albhochfläche einzugraben. Wie die Hochschotter beweisen, flossen sie anfangs jedoch noch weit über den heutigen Tälern. Die anhaltende Anhebung der Alb verlangte eine stärkere Erosion und hatte die Vorbildung der heutigen Täler zur Folge. Da das ursprüngliche Flusstal des Ur-Mains aber durch die Rieskatastrophe verschüttet war, floss er nun durch das heutige Altmühltal über Treuchtlingen nach Dollnstein. Wie durch die deutliche Verbreiterung des Tales ab hier noch zu erkennen ist, vereinigte er sich als Nebenfluss der Ur-Donau mit dieser, die ebenfalls mehrmals ihren Lauf veränderte und verlegte. Die Ur-Altmühl hat als Ur-Main-Nebenfluss wahrscheinlich das spätere Brombachtal benützt[4].

Lydite, gefunden bei Osterdorf

Im ältesten Pleistozän, vor etwa 1,5 Millionen Jahren, hat sich das Flusssystem im Untersuchungsraum ein letztes Mal entscheidend geändert, als durch schrittweise Flussanzapfung von Seiten des Rheins der Ur-Main an dessen System angeschlossen wurde. Es kam so zu einer Flussumkehr im Gebiet der heutigen Rezat-Rednitz-Regnitz-Furche. Drei Hauptgründe waren dafür maßgebend: Die Nebenflüsse zum Rhein haben eine höhere Fließgeschwindigkeit als die zur Donau und damit ist die rückschreitende Erosion wirkungsvoller. Andererseits führte die Hebung der Fränkischen Alb dazu, dass die Fließgeschwindigkeit der Flüsse Richtung Süden immer weiter sank. So hat die Altmühl heute auf der 62,5 km langen Strecke zwischen Herrieden und Treuchtlingen mit 8,5 m Höhenunterschied nur 13,6 cm Gefälle pro km und gehört damit zu den am langsamsten fließenden Gewässern Mitteleuropas, womit sich die bekannten Hochwasser von selbst erklären: Denn es fehlt an Schubkraft, die zusätzlichen Wassermassen abzutransportieren. Als dritter Hauptgrund kommt hinzu, dass während der Eiszeiten der Boden gefroren war, das Wasser also oberflächlich abfließen musste, weil es nicht versickern konnte, und das hat die rückschreitende Erosion bei schneller fließenden Flüssen ungleich stärker begünstigt als bei langsamen.

Karlsgraben

Eine Bestätigung dieser Hypothesen über die Entstehung der Talwasserscheide bei Treuchtlingen finden wir an der Straßengabelung östlich von Osterdorf in den Äckern nahe beim Bergnershof. Es sind dies zum Ersten die Lydite (schwarze Flusskiesel des Urmains, die dieser aus dem Frankenwald mitgebracht und hier abgelagert hat) und zum Zweiten die Bunte Breccie (ein aus eckigen verkitteten Bruchstücken entstandenes Gestein, das durch die Rieskatastrophe gebildet wurde und - der Zufall wollte es so - auf dieselben Felder geschleudert wurde). Wenn auch die Funde zahlreich sind, so haben die meisten Lydite jedoch nur die Größe eines Fingergliedes, Hühnerei große Steine sind schon die Ausnahme. Funde von Bunter Breccie sind selten.

Den Beratern um Karl den Großen ist es nun zu verdanken, dass diese den späteren Kaiser auf die einzige Talwasserscheide zwischen dem rhenanischen und danubischen Flusssystem in Mitteleuropa aufmerksam gemacht haben, so dass dieser 793 den Auftrag zum Bau des Karlsgrabens geben ließ. Strategische und wirtschaftliche Gründe waren wohl vor allem die Motive zum Bau des Kanals, der für damalige Verhältnisse nicht nur eine technische Spitzenleistung war, sondern auch ein gewaltiges logistisches Problem, waren doch im Herbst 793 offensichtlich Tausende Schanzarbeiter beschäftigt, die auch zu versorgen waren. Die wissenschaftliche Forschung, die im Zusammenhang mit dem Jubiläumsjahr 1993 vorangetrieben wurde, geht heute davon aus, dass zwar das Unternehmen nicht vollendet werden konnte - "die tonigen Schluffsande und die darauf liegenden quartären Deckschichten waren besonders im Grundwasserbereich für die Bauarbeiter Karls des Großen ein zu schwieriger Untergrund, der mit den damaligen Mitteln nicht zu bewältigen war"[5]- , aber dass doch ein befahrbarer Wasserweg entstanden war. Der Wasserspiegel der Altmühl liegt bei 408,5 m ü. NN, die Scheitelhöhe der Talwasserscheide bei 420,5 m, der heutige Dorfweiher von Graben als Rest des Kanals hat eine Scheitelhöhe von 414,7 m. Es war also ein Höhenunterschied von etwa 12 m zu überwinden. Da Schleusenkammern noch unbekannt waren, muss wohl eher an einen Scheitelkanal gedacht werden, in den auf schiefen Ebenen die 1-t-Schiffe z. B. von Pferden über nasse Rundhölzer gezogen wurden. Da auch die Schwäbische Rezat zumindest bis Weißenburg noch nicht schiffbar ist, war auch hier eine Lösung z. B. in Form einer Weiherkette erforderlich. Vieles spricht dafür, dass der Karlsgraben zwar eine Bauruine (opus imperfectum) blieb, aber trotzdem zumindest teilweise funktionsfähig war, denn es wurden nicht nur 794 in Frankfurt am Main Schiffe aus Regensburg gesichtet, sondern es blieb auch eine Ansiedlung königsfreier Wehrbauern im Dorf Graben. Diese waren wahrscheinlich auch mit Aufgaben am Karlsgraben betraut. 1992 wurden 15 Bohrungen durchgeführt. Ihre geologische und paläobotanische Interpretation bestätigten, dass die Fossa Carolina sowohl im südlichen als auch im nördlichen heute noch erkennbaren Teil der Kanal weitergeführt war und dass beim damaligen Bau systematisch vorgegangen wurde, was hohes Ingenieurwissen voraussetzte[6]. Auch die Grabungen im Herbst 2013 bestätigten die Annahme, dass der Kanal in Betrieb gewesen war. Erst im Laufe der Jahrhunderte verfielen und verlandeten Teile oder wurden zugeschüttet und die Wälle teilweise abgetragen. Jedenfalls bleibt hier der Forschung noch ein interessantes Betätigungsfeld.

Der Bau des Karlsgrabens hat aber bis in unsere Tage die Wasserscheide verändert. Der heute trockene Teil beiderseits des Eisenbahndamms entwässert entgegen dem natürlichen Gefälle zur Altmühl, der mit Wasser gefüllte, im südlich daran anschließenden Stück, ohnehin. An der Nordseite der Fossa Carolina steht beim ehemaligen Bahnwärterhaus ein Pumpbrunnen, der die Talwasserscheide markiert. Das hier zu Tage beförderte Wasser fließt rechter Hand zur Nordsee und linker Hand zum Schwarzen Meer, wie auch der Text und die Steinreliefs mit Rhein und Donau symbolisieren. Allerdings steht dieser Brunnen nicht auf der natürlichen Wasserscheide, sondern hat nur dadurch Gültigkeit, dass die südliche Ableitung des Wassers in den künstlich geschaffenen Karlsgraben führt.

Aber nicht nur hier macht die Hauptwasserscheide einen Knick. Seltsam eckig verläuft sie auch über den Nagelberg, aber nicht etwa über dessen höchsten Punkt, sondern fast der ganze Berg entwässert nach Süden zur Altmühl und lediglich ein kleines Eck der Teil im Nordosten - nordöstlich des Hexentanzplatzes - zur Schwäbischen Rezat, die oberhalb von Dettenheim entspringt. Die Flurnamen Schipfet (= schwingender Boden), Ried (= mit Riedgras, also Sumpfgras bewachsenes Moor), Elm (= Ulme als Baum, der feuchte Gegenden bevorzugt), Egelsee (= ehemaliger Tümpel mit Blutegeln) oder Seeäcker (= Gebiet, das bei starken Regenfällen zum See wird) in diesem Eck der Dettenheimer Gemarkung sagen aus, dass es sich hier um eine sumpfige Gegend handelte, die kaum Abflüsse mit nennenswertem Gefälle hatte, ehe im 19. Jahrhundert mit Bodenmeliorationen begonnen wurde.

In einem dritten Beitrag soll der Abschnitt vom Karlsgraben bis zur nördlichen Landkreisgrenze im Haundorfer Wald untersucht werden.

Fußnoten

  1. KÖNIG, Walter in: Suffersheim, Von Suberesheim zum Ortsteil von Weißenburg i. Bay. 867 – 1996, Weißenburg 1996, S. 19
  2. Weißenburger Blätter, Nr. 3/1996, S. 24
  3. BADER, K. und SCHMIDT-KALER, H.: Der Verlauf einer präriesischen Erosionsrinne im östlichen Riesvorland zwischen Treuchtlingen und Donauwörth in Geologica Bavarica 75, München 1977, S. 401 - 410; MEYER, R. und SCHMIDT-KALER, H.: Wanderungen in die Erdgeschichte, Band 1 und 2, München 1990 und 1991; TRÖGL, Hans : 1200 Jahre fossa carolina, Manuscript, Talsperren-Neubauamt Nürnberg 1993; VIOHL, Günther: Jura-Museum Eichstätt, Abteilung B "Geologie Nordbayerns" und Abteilung E "Landschaftsgeschichte der Altmühlalb", Eichstätt 1979 und 1976
  4. Bayerisches Staatsministerium des Innern, Oberste Baubehörde: bau intern, Sonderdruck "Fossa Carolina - 1200 Jahre Karlsgraben", München 1993
  5. Bayerisches Staatsministerium des Innern, Oberste Baubehörde: bau intern, Sonderdruck "Fossa Carolina - 1200 Jahre Karlsgraben", München 1993
  6. Einzelheiten s. KOCH, Robert und LENINGER, Gerhard in: Bayerisches Staatsministerium des Innern, Oberste Baubehörde: bau intern, Sonderdruck "Fossa Carolina - 1200 Jahre Karlsgraben", München 1993, S. 11 ff 12

Die Europäische Hauptwasserscheide im Landkreis - Westabschnitt

Der auf der Wasserscheide liegende Weiler Grönhart

Auch westlich des Karlsgrabens überrascht der Verlauf der Wasserscheide durch zahlreiche Windungen, wobei am Rande vermerkt sei, dass auch am Bubenheimer Berg wieder Bunte Breccie des Meteoriteneinschlags in das Ries zu finden ist.

Als Beispiel, wie kompliziert die hydrologischen Verhältnisse entlang der Wasserscheide sein können, sei auf das Beispiel von Grönhart hingewiesen. Der Weiler liegt auf einem kleinen Hügel und entwässert tatsächlich in drei verschiedene Richtungen. Die blau markierten Gebäude auf der Skizze entwässern über den Lohgraben zur Altmühl. Die rot eingezeichneten Gebäude schicken ihr Wasser zur Schwäbischen Rezat. Das ist umso erstaunlicher, weil die Rezat im Osten des Ortes liegt und nach Norden fließt, aber ausgerechnet die im Süden liegenden Gebäude zur Rezat entwässern. Damit jedoch nicht genug: Die beiden roten mit einem Kreuz bezeichneten Gebäude im Osten entwässern direkt zur Schwäbischen Rezat, während von den anderen das Wasser über den Triebgraben zu ihr abfließt.

Die Europäische Hauptwasserscheide zwischen Karlsgraben und Kalbensteinberg

Unauffällig ist dann der weitere Verlauf über den Emetzheimer Berg, der in Landkarten als Hunger- oder Hainberg erscheint, und weiter über den Trommetsheimer, Flüglinger und Pfaffenberg. Dabei fällt auf, dass auch Kattenhochstatt genau auf der Wasserscheide liegt, was in trockenen Sommern in früheren Jahrzehnten immer wieder zu Wasserknappheit führte. Andererseits schaffte es das im Westen des Dorfes entspringende Unterwiesengraben oder Wöhrbach genannte kleine Fließgewässer, dass es gelegentlich gewaltige Überschwemmungen in der angrenzenden Flur und im benachbarten Holzingen hervorrief.

Auch die Flüglinger Burg steht genau auf der Wasserscheide. Der 541 m hohe Flüglinger oder Weimersheimer Berg trägt die Reste einer 1029 erstmals genannten Burg, die aber nachgewiesenermaßen bereits mittel- und jungsteinzeitliche Siedlungsreste aufweist sowie eine Abschnittsbefestigung mit Wall und Graben aus dem 7. bis 10. Jahrhundert[1]. Die unmittelbar westlich daneben verlaufende Schlucht Kühtrieb zeigt einen 5 - 6 m hohen Aufschluss des Dogger-Beta-Eisensandsteins, wie wir ihm bei Bergen im ersten Teil dieser dreiteiligen Betrachtung bereits begegnet sind. Auch dieser Bodenschatz wurde bis in die frühe Neuzeit zur Eisengewinnung abgebaut.

Der Pfaffenberg schließlich ist von besonderer Bedeutung, weil hier zum ersten Male, und zwar 1961, Wasser aus dem wasserarmen Rezateinzugsbereich in das Altmühlgebiet umgeleitet wurde. Zwischen Dorsbrunn und Walkerszell wurde ein 80 m tiefer Brunnen gebohrt, dessen Wasser im Hochbehälter am Pfaffenberg gesammelt wird, um von dort neben Gemeinden im rhenanischen Bereich (nämlich Dorsbrunn, Massenbach, Ramsberg, St. Veit und Thannhausen) auch Stopfenheim mit Trink- und Löschwasser zu versorgen[2]. Die heute 800 Einwohner zählende Gemeinde liegt am Störzelbach, der mit dem Schlossgartenwasser an der Westflanke des Pfaffenberges entspringt und in die Altmühl mündet.

Altmühlüberleiter während des Baus

Genau umgedreht, nämlich die Überleitung von Wasser aus dem oberen Altmühltal in das wasserarme Rednitzgebiet ist der dritte Schwerpunkt auf der Exkursion entlang der Europäischen Hauptwasserscheide im südlichen Mittelfranken. Der Industrieraum Nürnberg - Fürth - Erlangen leidet unter Wassermangel, die Altmühl andererseits hatte jährlich wiederkehrende Hochwasser, was in den 1960er Jahren den Plan einer erneuten Flussanzapfung gedeihen ließ. Der Mensch ahmte nach, was die Natur ihm mit der Flussumkehr von Rezat - Rednitz - Regnitz vorgemacht hatte (vgl. Europäische Hauptwasserscheide - Verlauf im Landkreis WUG, Südabschnitt). In großem Stil wurde das Brombachseeprojekt geschaffen, aus dem sich das derzeitige Fränkische Seenland entwickelt hat, durch das gleichzeitig im südlichen Mittelfranken wichtige landschaftliche und strukturelle Akzente gesetzt wurden. Wie im o.g. Artikel erwähnt, hat die Ur-Altmühl vermutlich vor zwei Millionen Jahren das Brombachtal auf ihrem Weg nach Südosten benützt. Und heute fließt wieder Altmühlwasser in dieser Rinne, wenn auch die heutige Wasserscheide durch einen Stollen untertunnelt wurde, der etwa 3 km südlich des oberen Brombachtales liegt.

Altmühlüberleiter bereits 1981

Im Jahre 1970 beschloss der Bayerische Landtag den Bau, da Nordbayern nur etwa ein Drittel der Wassermenge pro Einwohner zur Verfügung hat wie Südbayern. Die Überleitung erfolgt zum einen durch den Main-Donau-Kanal, der 1992 fertiggestellt wurde, mit bis zu 125 Millionen m3 im Jahr und durch das Brombachseeprojekt mit 25 Millionen m3 im Jahr. Beide Systeme sind jedoch voneinander unabhängig. Das Altmühlhochwasser wird bereits bei Ornbau[3] in den Altmühlsee bei Gunzenhausen geleitet, der als Ausgleichsbecken fungiert. Dieses verbindet der Altmühlüberleiter mit dem 8,9 km entfernten Kleinen Brombachsee. Der Wasserspiegelunterschied zwischen den beiden Speicherseen beträgt 4,5 m. Die Hauptwasserscheide wird durch einen 2,7 km langen Stollen unterfahren, durch den bis zu 70 m3/sec abgeleitet werden können. Beiderseits des Stollens schließen sich offene Gewässerstrecken an, und zwar auf der Altmühlseite von etwa 4 km und der Brombachseite von rund 2 km[4]. Die wasserwirtschaftlichen Maßnahmen sind praktisch abgeschlossen. Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, für den Fremdenverkehr und Erholungssektor waren aber ebenso erforderlich wie eien moderne Verkehrserschließung. Nachhaltige Veränderungen nicht nur in der Natur, sondern auch in der Erwerbs- und Sozialstruktur waren die Folge, sind noch im Gange und bedürfen begleitender Schutzmaßnahmen. Das Talsperren-Neubauamt informierte ausführlich durch populärwissenschaftliche Veröffentlichungen[5], weshalb hier nur die Hydrogeologie erwähnt wird. Immerhin entstand durch diese größte wasserwirtschaftliche Maßnahme Bayerns eine Wasserfläche des Großen Brombachsees von 9,3 km2, die die des Tegernsees (9 km2) übertrifft.

Gräfensteinberg, Ziehbrunnen

War der Pfaffenberg geologisch noch vom Unteren Jura mit seinen reichen Fossilienfunden gekennzeichnet, so stoßen wir kurz darauf ins Gebiet des Keupersandes. Der hier anzutreffende Burgsandstein ist sehr wasserdurchlässig, weshalb ausgedehnte Kiefernwälder auf mageren Böden das Landschaftsbild bestimmen. Das Waldgebiet, das der Altmühlüberleiter unterquert, heißt bezeichnenderweise Heide. Auch im weiteren Verlauf der Hauptwasserscheide bewegen wir uns außer um Gräfensteinberg, das am Südhang des hier beginnenden Brombachtales liegt und von Obstbäumen eingerahmt wird, vorwiegend im Wald. Das erschwert dem Betrachter aber auch das Erkennen von Einzelheiten wie größeren Zusammenhängen im Gegensatz zum freien Blick auf der Albhochfläche oder zwischen dem Nagelberg und Pfaffenberg. Die Wasserscheide verläuft allerdings hier auch unspektakulär, weshalb auf eine genauere Beschreibung verzichtet werden kann.

Man verlässt die naturwissenschaftliche Arbeit und kommt in den Bereich der Esoterik einerseits bzw. der Kultusforschung andererseits, wenn man fragt, warum so viele Orte genau auf der Hauptwasserscheide liegen. Im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen sind dies Geyern, Oberhochstatt, Haardt, Hagenau, Grönhart, Kattenhochstatt, das Schwedenkreuz genannte Sühnekreuz nördlich davon, die Flüglinger Burg und Gräfensteinberg. Sicher spielen in den meisten Fällen die Bodengüte (z. B. Haardt, Hagenau, Kattenhochstatt) und die strategische Lage (z. B. Geyern, Oberhochstatt, Flüglinger Burg, ein Stück des Limes bei Pfofeld oder Gräfensteinberg) die entscheidende Rolle. Sollten weitere Gründe in Frage kommen, wäre dies für einen Kultusforscher eine reizvolle Aufgabe.[6]

Fußnoten

  1. BEIER, Ulf: Weißenburger Flurnamenbuch, Weißenburg 1995, S. 327
  2. WAGNER, Friedrich in: Stopfenheimer Heimatbuch, Weißenburg, 1995, S. 285
  3. Das Denkmal des Heiligen Jakobs, des Pfarrpatrons von Ornbau, der als überlebensgroße Bronzefigur von einem Stein auf den anderen springt, symbolisiert die Überwindung der Wasserscheide am Wehr des Altmühlzuleiters als Ausgangspunkt für das Überleitungssystem von Altmühlwasser ins Rezatgebiet.
  4. Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern: Wasserwirtschaft, Heft 9: Überleitung von Altmühl- und Donauwasser in das Regnitz-Main-Gebiet, München 1981, S. 14
  5. nformationsmaterial kann bezogen werden von der Besucher-Informationsstelle Mandlesmühle 1, 91785 Pleinfeld, die auch besucht werden kann
  6. Geologische Karten von Bayern 1: 25 000, Blatt 6830 Gunzenhausen, 6831 Spalt, 6931 Weißenburg, 6932 Nennslingen, 7031 Treuchtlingen, 7032 Bieswang; ersch. München 1976 – 2011