Familiennamen im Raum Weißenburg - Kapitel 2: Berufsnamen, Teil 2
Kapitel 2: Berufsnamen, Teil 2
Um die vielen Hinz und Kunz in einer mittelalterlichen Stadt voneinander unterscheiden zu können, hat man – wie bereits erwähnt – z. B. den Beruf als Beinamen gewählt. Zu bedenken ist dabei, dass es bis ins frühe 20. Jahrhundert auch viele Stadtbauern gab und damit verbundene Berufe:
Zu diesen gehört der Bierschneider. Wie will ich Bier schneiden? Das war der (Sau-)Bärschneider, der also die Eber kastrierte. Und als der Name nicht mehr verstanden wurde, machte man aus Bär Bier. Gerstner ist der Gerste Anbauende oder damit Handelnde, entsprechend der Hopf mit Hopfen. Der Drescher hat seinen Broterwerb mit dem Dreschflegel verdient. Mader(er) meint den Mäher.
Der Büttner (Bittner) stellt Holzgefäße her und heißt auch Böttcher (= Bottichmacher), Fassbinder oder in Westdeutschland Küfner, woraus die Namen Kiefer und Kaufner entstanden sind. In Oberbayern und Schwaben spricht man vom Schäffler (er macht ein Schaff). Weil das aber laut ist, wenn man die Eisenreifen auf die Fassdauben schlägt, ist der Name Krach oder Rauscher für einen, der ein geräuschvolles, lautes Handwerk ausübt, durchaus nachvollziehbar. Also passen doch die Stopfenheimer Bittner und Krach wunderbar zusammen! Und da nehmen wir Pröll gleich mit dazu, denn da steckt brüllen für einen lauten Menschen drin, auch wenn man heute bei der Farbenherstellung nicht schreien muss.
Keller(-mann, Kellerer) ist ein Amtsname für den Kellermeister bzw. den Verwalter der Weinberge. Verdurstet wird der Mann wohl nicht sein. Und nachdem das Internet noch nicht erfunden war, ist beim Namen Hacker, Hecker, Häcker an den Weinhacker bzw. Weinbauern zu denken, seltener ist der Holzhacker gemeint.
Ein Pfahler oder Pfaller stellt z. B. für den Weinberg die Pfähle her, aber er kann auch am Grenzpfahl, an der Dorfgrenze wohnen oder von einem Ort namens Pfahl kommen. Der Wagner heißt in Norddeutschland Rademacher, Radmaker und in Ostsachsen und Schlesien Stellmacher. Aber auch Wegener, Wehner, Wahner und Weiner sind Nebenformen zu Wagner.
Viele Namen erklären sich von selbst, w. z. B. Zimmermann, Fischer oder Maurer. Weniger bekannt ist, dass die norddeutsche Form von Schneider Schröder ist. Der Fleischmann ist der Metzger. Der Schreiner heißt in Österreich und östlich einer Linie vom Fichtelgebirge nach Ostfriesland Tischler, daher die entsprechenden Familiennamen, je nachdem, wo der erste Namensträger wohnte – und das liegt im Allgemeinen mehr als 500 Jahre zurück.
Der Häffner oder Häfer war ein Töpfer, der Hafen, Haferl aller Art aus Ton formte und deswegen auch Topf heißen konnte. Stellte jemand Gefäße aus Holz her, war er ein Drechsler. Und so wurde er auch nach seinen Erzeugnissen Näpflein oder Näpfel genannt, entsprechend der Kamm. Hemmeter ist ein altes Getreidemaß. Leykauf war der Gelöbnistrunk bei einem Vertragsabschluss, aber auch das Handgeld, das ein Knecht bekam, um an Lichtmess (2. Feb.) eine Stelle anzutreten. Halmheu bedeutet Flurhüter (heu leitet sich von hegen ab).
Der Küchler ist ein Kuchenbäcker. Einen reitenden Boten nannte man Renner. Im Nürnberger Raum war ein Scharrer ein Pechsammler. Der Wägemann war für die (städtische) Waage verantwortlich. Der Felleiter könnte der Anführer der Fellhändler gewesen sein, wenn kein es kein Wohnstättenname ist. Der Haub(n)er fertigte Hauben an, und Schiele ist von Schühle abgeleitet und meint den Schuhmacher. Ein Kohler oder Koller war ein Köhler, der Holz zu Kohle verschwelen ließ, ähnlich dem Brenner, der aber auch ein Pechbrenner oder Metallschmelzer sein konnte. Der Wachter war meist der Turm-, manchmal auch der Flurwächter. Als Stöhr bezeichnete man einen Handwerker, der in fremden Häusern arbeitete. Und schließen wollen wir unseren Ausflug in die mittelalterliche Berufswelt mit dem Schwegler. Er war ein Spielmann mit der Schwegelpfeife, einer Rohrpfeife. Solange er uns aber nicht den Marsch bläst oder auf dem letzten Loch bläst, wollen wir zufrieden sein.
Siehe auch
Familiennamen im Raum Weißenburg - Alphabetisches Verzeichnis
Literatur zu den Familiennamen
- Bach, Adolf: Deutsche Namenkunde 1, Die deutschen Personennamen, 3. Auflage, Universitätsverlag Winter Heidelberg, 1978, ISBN: 978-3-8253-0232-0
- Bahlow, Hans: Deutsches Namenlexikon, suhrkamp taschenbuch, Frankfurt am Main, 1972
- Brechenmacher, Josef Karlmann: Etymologisches Wörterbuch der Deutschen Familiennamen, Limburg a. d. Lahn, 1960
- Gottschald, Max: Deutsche Namenkunde. Unsere Familiennamen, 5. Auflage, Walter de Gruyter-Verlag, Berlin und New York, 1982
- Kohlheim, Rosa und Volker : Duden - Familiennamen, Herkunft und Bedeutung, Dudenverlag Mannheim u. a. O., 2000, ISBN: 3411708514 / 3-411-70851-4
- Naumann, Horst: Das große Buch der Familiennamen, Wiesbaden o. J.
- Rymut, Kazimierz und Hoffmann, Johannes: Lexikon der Familiennamen polnischer Herkunft im Ruhrgebiet, Krakau 2010