Weißenburger Flurnamen, Teil 3

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Flurnamen weisen auf Klimaveränderungen hin[1]

Kleine Klimaveränderungen hat es schon mehrmals gegeben. Im Mittelalter waren die Winter milder. Das Christkind kommt erst seit der Barockzeit im Schnee. Die sog. Kleine Eiszeit ab dem spätem 16. Jahrhundert bis Ende des 19. Jahrhunderts spiegelt sich auch in den Flurnamen wider.

Wir finden im Raume Weißenburg tatsächlich viele Flurnamen, die als Bestimmungswort Wein- haben, obwohl dort kein Wein angebaut wird. Darüber hinaus geben auch Ortsnamen wie Klein- und Großweingarten den Hinweis auf früheren Weinbau.

Weinberg in Weimersheim

Der Weinberg in Weimersheim

Der Weinberg in Weimersheim ist ein Südhang am östlichen Fuß des Flüglinger Berges. Ein Teil davon ist der Weinbuck, während ein anderer Teil bis zur Flurbereinigung Weingarten hieß. Das Gelände ist heute größtenteils mit Apfelbäumen bepflanzt. Tatsächlich aber wurde hier im Mittelalter Wein angebaut. Andererseits hat die Kultivierung von Äpfeln in Weimersheim eine lange Tradition. Hier ist vor allem an Johann Leonhard Conrad (1760-1848) zu erinnern, der von 1802 bis 1824 als Lehrer und Schultheiß in seinem Geburtsort Weimersheim wirkte, sein Leben dem Obstbau widmete und dadurch im Dorf angesehen war.[2]

Weinberg beim Gänswirtshaus

Der ehem. Weinberg oberhalb vom Gänswirtshaus

Die Flur Weinberg beim Gänswirtshaus. Auf der Südseite des Rohrberges liegt oberhalb des ehemaligen Gasthauses diese Flur unmittelbar an der Weißenburger Gemarkung. Dei Terrassierung des Geländes ist noch deutlich erkennbar.

Warum ging der Weinbau ein?

Weinbau ist im Raume Weißenburg ab dem 11. Jahrhundert nachweisbar (für Treuchtlingen und Pappenheim ab 1098[3], für Ellingen 1214[4]. Seine größte Verbreitung fand er im 13. Jahrhundert. Das einfache Volk trank Rotwein, die feinen Herrschaften Weißwein. Wenn wir heute noch an Süd- oder Südwesthängen Terrassierung feststellen können, ist das oft ein Hinweis auf Weinbau. Im 16. Jahrhundert verschlechterte sich bei uns das Klima. Es wurden sowohl die Sommer regenreicher als auch die Winter kälter. So wuchsen nicht nur die Gletscher in den Alpen, sondern auch die Burgherren zogen von ihren Burgen am Berg hinunter ins Tal und bauten sich dort ihre Schlösser.

Im Weinbrod

Das Feld rechts vom Glaserhaus ist die Flur Im Weinbrod

Im Weinbrod (auch ein Straßenname am Wülzburger Hang)[5]

Hier ging der Weinbau bis zum Glaserhaus auf 570 m Höhe. Aus dem 16. Jahrhundert ist im Stadtarchiv Weißenburg der Antrag eines Pächters erhalten, in dem er bittet, er möchte gerne ein Drittel des Weinbergs mit Brotgetreide bebauen dürfen (feldiglich nützen), weil ihm ¾ des Weines erfroren seien. Er war also noch bescheiden: bei 75% Verlust nur 33% Getreideanbau. Aber die Flur hieß deshalb „das Wein- und Brotfeld“. Man hat den sauren Wein zunächst noch durch Gewürze zu verfeinern versucht und mit Honig gesüßt. Aber letztlich ist er einem anderen Getränk unterlegen, denn:

Hopfengarten

Der Durst blieb. Das Bier hat den Wein verdrängt. So entstanden Flurnamen wie Hopfengarten, z. B. in Dettenheim, Emetzheim, Kattenhochstatt und Oberhochstatt, auch wenn in all diesen Orten heute kein Hopfen mehr angebaut wird.

Jakobsruhe

Blick von der Jakobsruhe auf Weißenburg, Foto um 1935

Weißenburg gehört bekanntlich zu Bierfranken. So entwickelte sich auch der Bierausschank im Freien: „am Sonntag, den 27. Mai 1832 eröffnet der Joh. Jakob Fleischmann, Bestandswirt auf dem Siechhaus, auf dem obern Steinbruch eine Bierschenke.“ Es war die Jakobsruhe. Später wurde, wie es heißt, der Belustigungsort an den Vorsaum des Waldes verlegt und war eine viel besuchte Vergnügungsstätte, aber kein Bierkeller. Allerdings starb Fleischmann 1840, und kurz darauf wurde der Bierausschank eingestellt.[6] Der Name für den schönen Aussichtspunkt blieb bis heute.

Sommerkeller

In den Sommerkellern wurde das Bier in den warmen Monaten kühl gelagert, indem man in den Wintermonaten Eis aus den gefrorenen Weihern schnitt und dort einlagerte[7] bzw. an Gestellen, die man mit Wasser bespritzte, das dann gefror und heruntergebrochen wurde, um es zur Bierkühlung zu verwenden, da es noch keine elektrische Kühlung gab. An schönen Sommertagen waren diese Keller dann begehrte Ausflugslokale und sind es zum Teil heute noch. [8]

Aber auch andere Flurnamen lassen Rückschlüsse auf die frühere Nutzung der Felder zu, z. B. Flachsacker (Oberhochstatt), Linsenacker (Dettenheim), Kirschenweg (Oberhochstatt), Erdbirnacker (Suffersheim , hist.; Erdbirn sind Kartoffeln, sie sind inzwischen ganz aus dem Landschaftsbild verschwunden zu Gunsten von Mais. Man spricht daher von einer Vermaisung der Landschaft).

Fußnoten

  1. BEIER, Ulf: Weißenburger Flurnamen machen seine Geschichte lebendig. Vortrag am 10. Oktober 2013 beim Historischen Stammtisch in Weißenburg
  2. Näheres siehe PIERL, Ulrike und KAMMERL, Reiner: Weimersheim um 1800. Die Welt des Johann Leonhard Conrad (1760-1848), Weißenburg 2008
  3. KRAFT, Wilhelm: Das Urbar der Reichsmarschälle von Pappenheim (von 1214 bis 1444), München 1929, S. 52
  4. BUCHNER, Sieglinde in: 1100 Jahre Ellingen. 899 - 1999, Weißenburg 1999, S. 105
  5. Näheres s. BEIER, Ulf: Von der Höll-zur Paradeisgasse. Straßen- und Wohnstättennamen in Weißenburg, 2. Auflage Weißenburg 2000, S. 77 und BEIER, Ulf: Weißenburger Flurnamenbuch, Weißenburg 1996, S. 475
  6. BEIER, Flurnamenbuch s. o., S. 407
  7. zum Mackweiher s. villa nostra - Weißenburger Blätter, Nr. 2/2003
  8. Näheres s. BEIER, Straßennamenbuch, s. o., S. 30, außerdem eine umfangreiche Literatur im Stadtarchiv Weißenburg